Transgender, intersexuelle Menschen und Crossdresser als potenzielle Mobbingopfer oder Opfer von Hasskriminalität?
Gewaltprävention!
Es scheint einen Dresscode zu geben, der sich schon im Kindergarten und in der Schule entwickelt. Das wird viele bewegen, die selbst Kinder haben oder aber mit Kindern arbeiten. Im Forum einer bekannten deutschen Frauenzeitschrift führte die Frage: "Mein Sohn will rosa Turnschuhe, was..." zu über 160 Antworten mit durchaus kontroversen Meinungen.
Mag es im Kindergarten sicherlich vereinzelter vorkommen, dass jemand sagt: "guck mal, was hat denn der/die an, der/die ist aber...", so ist es an einer Schule anscheinend sehr wichtig, was und wie man sich anzieht. Es ist ein regelrechter Kult um einige Marken entstanden. Wichtige Einflüsse dabei haben sicherlich die Peer Groups. Das ist ein aus der amerikanischen Jugendsoziologie stammender Begriff zur Bezeichnung von Gleichaltrigengruppen, informellen Spiel- und Freizeitgruppen etwa gleichaltriger Kinder und Jugendlicher. Zu vielen dieser Gruppen gehört eine gewisse "Uniformität", d.h. es besteht sogar etwas wie Markenzwang. Wer da nicht mithalten kann oder will, der wird schnell ausgegrenzt und gemobbt.
Es erfordert eine starke Persönlichkeit, einen eigenen Stil durchzusetzen; Crossdresser, die öffentlich auftreten, wird es in der Altersgruppe nicht oder nur sehr wenige geben.
Im Durchschnitt ist jeder siebte Schüler als Opfer oder Täter in ein Mobbingproblem verwickelt, heißt es in einer Untersuchung der Universität München, die bei einer Fachtagung der Aktion Jugendschutz (ajs) und des Fachverbands für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e. V. in Stuttgart zitiert wurde.
Bei Erwachsenen scheint es etwas anders zu sein, obwohl es z.B. eine Identifikation mit dem Beruf über die Berufskleidung gibt. Das hatte der Werkstattgottesdienst am 12.10.2008 in Flensburg zum Thema: "Identifkation!" - Berufe und Kleidung in Handwerk und Kirche
So heißt es: "Berufskleidung macht Menschen identifizierbar: Das "ist" ein Bäcker, ein Tischler, eine Krankenschwester oder eine Pastorin. Ob sich die Person mit ihrem Beruf aber identifiziert, ist nicht an der Kleidung zu erkennen. Menschen sind mehr als das, was sie auf dem Leib tragen, auch wenn der Volksmund meint: "Kleider machen Leute". Der Werkstattgottesdienst - besonders die Dialogpredigt - trug dazu bei, über die Wechselwirkung von Person und Beruf, von Individualität und (uniformer) Kleidung nachzudenken.
Wie und wo finden sich nun intersexuelle Menschen, Transgender und Crossdresser wieder? Werden sie schikaniert und ausgegrenzt? In vielen Fällen ist eine spezielle Berufskleidung nicht nur üblich, sondern dient auch dem Schutz des Werktätigen. Auch erfordern einige Berufe eine besondere Ausrichtung auf andere Menschen; dabei könnte jemand, der "anders" gekleidet ist, mindestens Irritationen oder Befremden auslösen.
Wie sieht es aber aus bei Berufsgruppen, die keine besondere Kleidung verlangen? Wie sieht es aus, wenn der Crossdresser seine Arbeitsstelle als Crossdresser aufsucht und dann erst in die Berufskleidung wechselt?
Was ist, wenn man Arbeitskollegen trifft, wenn man als Crossdresser in der Freizeit unterwegs ist? Wird man leichter zum Mobbing-Opfer?
Gerade in den sozialen Berufen ist die Mobbing-Quote am höchsten (lt. Mobbingreport)
Bei den Mobbinghandlungen sind mir folgende aufgefallen, die einen Crossdresser besonders bedrohen können:
- Gerüchte, Unwahrheiten
- Sticheleien, Hänseleien
- Ausgrenzung, isolierung
- Beleidigungen
- Sabotage der Arbeit
- Herabsetzung der Person
- "Lächerlich machen"
Die anderen genannten Mobbinghandlungen haben eher direkt mit der Arbeit zu tun, wie z.B. Arbeitsbehinderungen und Arbeitsentzug.
Die Häufigkeit der Mobbinghandlungen reicht von "täglich" bis "seltener als einmal im Monat.
Quelle: Der Mobbingreport; eine Repräsentativstudie für die Bundesrepublik Deutschland
Bei den Motiven für das Mobbing spielt lt. o.g. Studie der persönliche Lebensstil des Gemobbten (17,7%) oder die sexuelle Orientierung (2,3%) eine untergeordnete Rolle, während "...weil ich unerwünschte Kritik geäußert habe" mit 60,1% der Spitzenwert ist.
Crossdressing ist nicht extra erfasst. Wenn man jedoch die vorhandenen Informationen aufgreift, scheint die Gefahr, gemobbt zu werden, weil man Crossdresser ist, nicht so überwältigend hoch zu sein und hat sicherlich auch damit zu tun, wie stark man ist und was man "zulässt".
Trotzdem gibt es eine Fülle von Informationen über Mobbingfälle gegen "ANDERSARTIGE", zu denen auch Crossdresser zählen.
Aber es geht sicherlich nicht "nur" um Mobbing. Intersexuelle Menschen, Transgender und Crossdresser können durchaus einem Gewaltverbrechen zum Opfer fallen.
Im zweiten Jahr haben wir uns im Rahmen unseres Forumtreffens mit GEWALTPRÄVENTION beschäftigt. Wurde im letzten Jahr die persönliche Ebene analysiert, so ging es beim diesjährigen Treffen um eine mögliche STRAFVERFOLGUNG. Wir hatten Ines Karl und Markus Oswald, "Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen bei der Staatsanwaltschaft" zu Gast, deren Kernaussage war, dass Hassverbrechen zur Anzeige gebracht werden müssen, damit die Strafverfolgungsbehörden eingreifen können.
Telefon: 030 / 9014 - 2697 (Ines Karl)
030 / 9014 - 5889 (Markus Oswald)
E-Mail: lsbt@sta.berlin.de
https://www.berlin.de/sen/justiz/ansprechpartnerin-homophobe-hasskriminalitaet/startseite.php
Ein interessantes und vorbildhaftes Modell, dass die Staatsanwaltschaft sich nicht nur um die Aufarbeitung der Strafsachen kümmert, sondern mit viel Engagement Öffentlichkeitsarbeit macht und wirklich als AnsprechPARTNER zur Verfügung steht.
Auch die Berliner Polizei stellt Informationsmaterial zur Verfügung: http://www.berlin.de/polizei/_assets/aufgaben/praevention/passaufdichauf.pdf
und http://www.berlin.de/polizei/_assets/aufgaben/praevention/gewaltgegenlsbt.pdf
Mobbing gibt es natürlich nicht nur an den Schulen und im Berufsleben, sondern auch im Freizeitbereich.
Unterschiede wird es geben, wenn Land- und Stadtleben verglichen werden. Das Land mit seinen auf Männer ausgerichteten festen Gruppen wie Feuerwehr, Schützenverein usw. erweist sich als scheinbar weniger tolerant, wenn jemand sich z.B. als Crossdresser zeigt.
Nicht nur der Crossdresser selbst kann gemobbt werden, sondern auch sein Umfeld, seine Familie, seine Kinder. Das ist sicherlich sensibel zu beobachten und genügend zu berücksichtigen.
(wird fortgesetzt)
Meinungen dazu bitte im Crossdresser-Forum