Liv goes live
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Crossdressing und selbst Erlebtes... Erdachtes
Liv
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Liv goes live

Post 1 im Thema

Beitrag von Liv »

Ich habe gerade aus privaten und beruflichen Gründen nicht so oft Gelegenheit, meine weibliche Seite auszuleben. Wenn ich dann doch mal dazu komme, versuche ich mit kleinen Schritten immer besser zu werden. Sei es bei Kleidung, Makeup oder einfach nur im Kopf. Immer eine kleine Verbesserung, sozusagen im Kaizen-Stil. Manchmal kommt es jedoch vor, dass ich einen unerwarteten evolutionären Sprung mache. Also nix mehr mit Kaizen, sondern eher wie bei Stanley Kubrick und seinen Monolithen. Plötzlich klappt etwas ganz von allein oder es fühlt sich gaanz anders an. Da ich letztes Wochenende schon wieder so ein Erlebnis hatte, denke ich, dass es an der Zeit ist, einen Thread aufzumachen um Euch an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen. Wer mich noch nicht kennt, kann gerne nochmal
bei meiner Vorstellung anfangen.

Die unerwartete Leichtigkeit des Seins

Ich hatte mich schon lange auf dieses Wochenende gefreut: Zwei Nächte Hamburg, 48 Stunden nur Liv. Alleine die Planung macht schon einen nicht unerheblichen Teil der Freude aus: Kleidung bestellen und anprobieren, Schminkkasten auffüllen und sich einmal komplett Waxen lassen. Ok letzteres ist direkt nicht soo das Vergnügen, aber das Ergebnis umso mehr. Ein großer Koffer für die Dame wird gepackt und eine kleine Tasche für den Herrn. Wobei die Dame letzten Endes auch noch 80% der Herrentasche für sich beansprucht, man kennt das ja. Freitagnachmittag dann die Ernüchterung: Der Schreibtisch quillt über vor Arbeit und das Telefon steht nicht still. Draußen ist es grau und der Wetterbericht sagt Frost und Niederschlag voraus. Die in letzter Sekunde gelieferten Winterstiefel in Größe 41 stellen sich als zu groß (!!) heraus. Am liebsten würde ich nirgendwo mehr hinfahren, sondern mich ins Bett legen und die Decke über den Kopf ziehen. Sofa und Fernseher wären vielleicht noch eine Option. Aber nein, der innere Schweinehund darf gerne mit seiner Decke auf dem Sofa sitzen bleiben - ich fahre nach Hamburg, schließlich bin ich schon spät dran! Auf der Autobahn versuche ich den letzten Tropfen Testosteron herauszuquetschen, aber am Maschener Kreuz ist Schluss: Dank Elbtunnelsperrung geht es ab hier nur noch im Schritttempo weiter. Ich verzichte auf Park&Ride und fahre direkt in die sündhaft teure Hotel-Tiefgarage. Es bleiben mir anderthalb Stunden für das komplette Makeover, um noch rechtzeitig im Restaurant mit den anderen Mädels zu sein. Das doofe Gefühl überkommt mich wieder: Ich habe keine Lust mehr, das ich schaff' ich doch eh nicht. Warum tue ich mir das eigentlich an? Was soll der Sch"¦ hier?

Ich reiße mich notdürftig zusammen. Du hast so lange darauf hingearbeitet, jetzt mach' was draus! Dann die nächsten Nackenschläge: Das Schminkzeug lag den ganzen Tag im Kofferraum und die Paintsticks sind halb gefroren. Die Maniküre meiner extra für dieses Wochenende lang gezüchteten Fingernägel dauert ewig, und die Trocknung des Nagellackes nochmal doppelt so lange. Die Eyeshadow-Base fängt an zu klumpen - so wird das nichts mit den Smokey Eyes. Meine Lieblingsstrumpfhose bekommt eine Laufmasche und der Ersatz stellt sich als deutlich figurformender heraus als beworben. Luft anhalten und durch. Der knielange Damen-Wollmantel, den mir meine Frau kurzerhand geliehen hat, stellt sich bei mir als Kurzmantel dar. Aber eigentlich ganz schick. Schnell noch die Perücke auf den Kopf und"¦ nee wieder runter und ein paar Minuten durchbürsten. Dann wieder rauf auf den Kopf, Handtasche geschnappt und auf die Uhr geschaut: Oh nein, ich habe noch 15 Minuten für einen Kilometer Fußmarsch bei Null Grad in hohen Stiefeletten. Kurzer Ganzkörper-Check im Spiegel auf der Innenseite der Hotelzimmertür. Hoppla, da ist er wieder: Der gefürchtete, tendenziell narzisstische Auto-Crush! Aber vielleicht könnt ihr da ja mitfühlen? Schnell noch ein Foto für die Nachwelt. Sonst glaubt mir das ja keiner.
mantel.jpg
Die Zimmertür fällt hinter mir ins Schloss, ich gehe Richtung Aufzug. Einige Leute kommen mir im Flur entgegen und nicken mir freundlich zu - ich nicke zurück. Der Aufzug kommt und ist voll - egal, für eine schlanke Frau ist immer Platz. Die junge Dame an der Rezeption, bei der ich vorhin eingecheckt habe, wünscht mir einen schönen Abend - ich bedanke mich und entschwinde eleganten Schrittes in die kalte Nacht.

:shock: Moooment"¦ irgendwas ist anders. Zum Vergleich, so wäre das vor ein paar Monaten gewesen: Ich öffne die Zimmertür und horche, ob jemand kommt. Es kommt immer jemand, also ich warte hinter der Tür bis wirklich niemand mehr da ist. Dann stakse ich schnell zum Aufzug und flehe innerlich, dass er leer sein möge. Falls nicht, nehme ich den nächsten. Ich husche wortlos an der Rezeption vorbei, um mich ja nicht durch meine Stimme zu verraten.

Ich weiß nicht woran es lag, vermutlich weil ich den ganzen Abend in Eile war und mein Kopf mit anderen Dingen beschäftigt war, als Vorsicht walten zu lassen. Vielleicht lag es auch an den Winterklamotten, die ein Passing nochmal deutlich einfacher machen. Wahrscheinlich habe ich einfach mehr Gelassenheit als Frau entwickelt. Was soll schon passieren? Who cares?

Draußen ist es frostig kalt. Der Wintermantel meiner Frau hält nur bedingt warm. Aber den Oberschenkeln dienen die Silikonpolster als Wärmeakku. Im Sommer waren sie oft kein Vergnügen - jetzt sind sie ein Segen. Meine Füße haben den Widerstand gegen die hohen Stiefeletten aufgegeben und tragen mich zuverlässig durch die Nacht. Die Fußgängerampel über die vierspurige Straße vor mir droht wieder rot zu werden. Ich wage einen kleinen Spurt und schaffe es bei hinüber. Früher hätte ich bis zur nächsten Grünphase gewartet, um nicht auf der Mitte der Straße vor aller Augen auf der Nase zu landen. Ab heute ist das alles kein Thema mehr.

Im Portugiesenviertel steppt der Bär. Menschengruppen stehen auf den Bürgersteigen, rauchen oder warten auf andere Gäste. Was früher der absolute Alptraum für gewesen wäre, entpuppt sich als leichte Übung. Im Zickzack laufe ich zuerst um die Gruppen herum, dann auch bewusst mittendurch. Ich werde freundlich angeschaut und angelächelt. Kein Grinsen, keine Häme, kein Tuscheln. So muss sich ein Schornsteinfeger fühlen: Alle freuen sich, dich zu sehen. Aber warum nur? Bringen Transvestiten etwa Glück? In mir dämmert es langsam. Vielleicht sehen sie einfach nur, was ich bin: Eine hochgewachsene, blonde Frau auf dem Weg zum Restaurant. Mal ehrlich, würde ich da nicht auch versuchen ihren Blick einzufangen und mit einem Lächeln zu erwidern?

Ich komme wohlbehalten zum Restaurant, und ich bin noch nicht mal die Letzte. Beim Aperitif mit den Schwestern nehme ich mir vor, morgen etwas früher aufzustehen, um das Ganze nochmal tagsüber auszutesten. Es folgt ein herrlicher, durch und durch weiblicher Abend. Als ich nachts um drei ins Hotelbett falle und die Stiefel abstreife, bedauere ich meinen Vorsatz vom Aperitif doch etwas. Aber es hilft nichts, ich begrenze meinen Schlaf auf fünf Stunden, stehe morgens um acht unter der Dusche und anderthalb Stunden später gestylt wie am Vorabend am Frühstücksbuffet. Der Barista reicht mir meinen Kaffee mit einem Strahlen im Gesicht, ich strahle zurück - oder war es umgekehrt? Alle um mich herum sind überaus freundlich und offen zu mir. Sogar die Hotelmitarbeiterin, die die Frühstücksliste abgleicht und meinen Namen nicht sofort findet. Entspannung macht sich in mir breit. Ich hole mir noch einen Kaffee und noch einen Teller vom Buffet.

So gestärkt mache ich mich auf den Weg in die Altstadt. Es ist kalt, aber der Himmel ist wunderbar blau. Ich schlendere durch den Neuen Wall zum Jungfernstieg, lasse meine Augen über die Schaufenster gleiten und nehme mir zwei Dinge vor: Ich betrete vorbehaltlos jeden Laden, den ich interessant finde. Und ich versuche vom Jagd- in den Beerensammelmodus zu schalten: Ich suche also nichts Bestimmtes (brauchen tue ich eh nichts), aber ich schaue, was mir gefallen könnte. So lasse ich mich durch die Europapassage und die Fußgängerzonen treiben. Nach drei Stunden ist die Ausbeute überschaubar: Zwei paar Ohrringe und ein wenig Kosmetikkram. Aber darum ging es mir gar nicht, ich habe etwas viel größeres gefunden: Ein neues Gefühl der Leichtigkeit.
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Tamara55
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Re: Liv goes live

Post 2 im Thema

Beitrag von Tamara55 »

Bravo - so läuft es wenn frau erst mal das "was mögen die Anderen denken" aus dem eigenen Kopf verbannt hat (yes)
Stimmiges Outfit an einer hübschen Frau (he)
LG
Tamara
Leben und Leben lassen
scheue_Sarah
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Re: Liv goes live

Post 3 im Thema

Beitrag von scheue_Sarah »

Liebe Liv,

schon Dein Avatar ist zu bewundern.
Bei unserer Motto-Party konnte ich mich davon überzeugen, dass Du wirklich so weiblich und hübsch bist!!!

Du brauchst Dir überhaupt keine Sorgen zu machen, eher darum des öfteren im "Catcalling Thread" aufzutauchen (ap)

Ich freue mich für Dich
Sarah
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Re: Liv goes live

Post 4 im Thema

Beitrag von Nora_7 »

Liebe Liv,
genauso entwickelt es sich. Irgendwann wird es einfach ein Switch, den man/frau umlegt. Und dann beginnt die Leichtigkeit.

Und als Ergänzung zu Sarah ein Bild von der 1. Mottoparty im Mai. Wer kann da noch glauben, dass hinter dieser perfekten "Fassade" keine "Biofrau" steckt?
Gala-220528-040_Liv.jpg
Liebe Grüße Nora
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Zuletzt geändert von Nora_7 am Fr 25. Nov 2022, 17:16, insgesamt 1-mal geändert.
Schönheit ist weiblich, und ich bin auch gerne schön.
Ich kann alles tragen, wenn ich ein Mädchen bin
MichelleMarie
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Re: Liv goes live

Post 5 im Thema

Beitrag von MichelleMarie »

Liebe Liv,

ich habe deinen Bericht verschlungen 😍😍😍

Genauso ist es mir in der Vergangenheit ergangen, viel zu viel Kopfkino hat die Leidenschaft in uns gestört.

Jetzt nicht mehr und siehe da unsere Umwelt geht ganz normal mit uns um 🌈🙏😍🌈

Nächste Woche bin ich auch in Hamburg und freue mich schon sehr darauf 🌈 als Michelle wieder einmal unterwegs zu sein 🙏🌈

Und übrigens du siehst bezaubernd natürlich und sehr hübsch aus 👏🌈👏 kein Wunder das du angelächelt wirst 😉

Liebe Grüße Michelle
"Durch die Leidenschaft lebt der Mensch; durch die Vernunft existiert er bloß."
– Nicolas-Sebastien Chamfort
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Re: Liv goes live

Post 6 im Thema

Beitrag von Jutta Michaela »

Liebe Liv,
mit großem Interesse habe ich deinen Bericht gelesen und mitgefiebert, wie es dir auf deinem Ausflug in die schöne Hansestadt ergehen würde.
Ich freue mich riesig über deine neuen Erfahrungen und die tolle Entwicklung, die sicherlich eine große Bereicherung in deinem Leben darstellen dürfte.
Und ich muss zugeben - ich bin neidisch :wink:
Bis zu dem Punkt, an dem Du jetzt stehst, ist es für mich noch ein weiter Weg.
Alles Gute und weiterhin viele tolle Erlebnisse wünscht dir

Jutta, die hoffentlich auch irgendwann so weit seien wird (ki)
*myself talking to myself about myself* :D
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Re: Liv goes live

Post 7 im Thema

Beitrag von Janina »

Hey , ich weiß ungefähr wie es für dich war oder ist , vor einem halben Jahr in hemsbach war ich so unglaublich nervös und unsicher, das erste mal als Janina unterwegs und mit so tollen Schwestern, einfach nur wow , das in Hamburg fand oder finde ich immer noch ganz großes Kino und auch da , Mhmm was ziehe ich an hab ich alles passt Marin makeup und und und ☺️💋🤣
Bin aber trotzdem beeindruckt von dir wie gut oder sogar perfekt du das ganze machst oder bist , da bin ich schon ein wenig neidisch ☺️🤩
Also auch von mir ein immer weiter du bist einfach nur klasse und Zucker süß 🥰🤩💋👍❤️❤️
:) viele liebe Grüße Eure Janina :)
petra0103
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Re: Liv goes live

Post 8 im Thema

Beitrag von petra0103 »

Hallo Liv,

auf beiden Bildern erkenne ich eine hübsche Frau, die wenn ich es nicht besser wüsste, ohne zu zögern für eine Biofrau halten würde. Und vielen Dank für deinen Erfahrungsbericht 😊

Liebe Grüße
Petra
Violetta Arden
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Re: Liv goes live

Post 9 im Thema

Beitrag von Violetta Arden »

Hallo Liv, toll, Deine Erfahrung , so soll es sein. Dieses Angstgefühl hatte ich auch lange Zeit - ganz ist die Aufregung immer noch nicht gewichen, aber wenn man so wie Du aussieht, ist es kein Wunder, wenn wohl fast keiner einen Mann dahinter vermuten würde. Genieße die Zeit.
Alles Liebe
Violetta
Mein weibliches Ich ist ein Teil von mir und lässt sich nicht mehr unterdrücken. Ungenützte Zeit lässt sich nie mehr zurückholen.
Lebe Dein Leben.

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Re: Liv goes live

Post 10 im Thema

Beitrag von Helga »

Hallo Liv,
Glückwunsch zu dem tollen Erlebnis!
Hier kamen drei Faktoren zusammen:
- Ein wirklich herausragendes Passing,
- Eine Ausstrahlung die von Selbstbewusstsein und guter Laune genährt wurde,
- Eine weltoffene Stadt, in der der Begriff "normal" ganz anders definiert wird.
Liebe Grüße
Helga
Was bin ich?- Zunächst einmal bin ich ein Mensch!
Meistens bin ich ein Mann.
Wenn mir danach ist bin ich eine Frau.
Ich muss mich nicht festlegen.
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Re: Liv goes live

Post 11 im Thema

Beitrag von Tanja Stöckel »

Liv hat geschrieben: Fr 25. Nov 2022, 13:24 Aber darum ging es mir gar nicht, ich habe etwas viel größeres gefunden: Ein neues Gefühl der Leichtigkeit.
Hallo meine Liebe,
du hast dein aufregendes Erlebnis sehr interessant und spannend erzählt, wer da nicht mit dir mit gefiebert hat, den lässt alles kalt. Mir wurde jedenfalls beim Lesen heiß und kalt, zum Ende hin wohlig warm ums Herz. Das ist es was es ausmacht, wenn man sich endlich angekommen fühlt. Es ist ein Gefühl von wohliger Wärme und Leichtigkeit, genauso wie du es beschrieben hast. Leider erlebe ich es viel zu selten - aber es macht süchtig, dieses Gefühl und man will immer mehr davon.

Alles Liebe, Tanja (has-o)
Ich war schon immer eine Frau, nur niemand konnte mich wirklich sehen.
Jetzt wird es Zeit, dass alle die Frau sehen, damit ich mich erkennen kann und so sein kann wie ich bin.
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Re: Liv goes live

Post 12 im Thema

Beitrag von Liv »

Hallo zusammen,
ich würde diesen Thread hier gerne ein bischen weiterspinnen, ich habe ihn schon viel zulange liegen gelassen. Vielleicht fangen wir mal mit einem sehr offensichtlichen Thema an, denn bei mir hat es ein "kleines" Makeover gegeben, und das ging so: Im Sommer 2023 saß ich am Strand in Dänemark und bin mir mit den Händen durch meine salz-gesträhnten kurzen Haare gefahren. Da überkam mich der tiefe Wunsch, sie doch wachsen zu lassen. Schliesslich hatte schon einmal lange Haare bis zur Brust - mit 17. Damals haben mich viele Cis-Freundinnen um die dicken, glatten Haare beneidet. Aber diese sind leider nach dem Abitur einem militärischen Langhaarschneider zum Opfer gefallen. Ich wollte das so, um meine feminine Seite abzustreifen. Nun gut, das hat letzten Endes nicht geklappt und 30 Jahre später haben sie jetzt wieder Schulterlänge. Meine Geheimratsecken halten sich für mein Alter auch noch sehr in Grenzen.

Parallel dazu hat meine heiß geliebte, blonde Raquel-Welch-Perücke nach sechs Jahre leider Anzeichen von Altersschwäche - es war wohl eine durchtanzte Nacht zuviel. Sie war meine einzige Perücke und wird es nun auch bleiben, denn ich habe mich entschlossen zukünftig darauf zu verzichten. Es macht unglaublich viel Spaß, sich die eigenen Haare hochzustecken, Locken reinzudrehen oder einfach nur einen Pferdeschwanz mit einem Scrunchie zu machen. Es ist eine Gendereuphorie-Schwalldusche par excellence!! (Ich hoffe ich bin jetzt niemanden zu nahe getreten).

Jetzt habe ich aber ein neues Problem: Ich bin von Natur aus nicht blond, eher so ziemlich das Gegenteil. Die blonde Perücke war die Maximaldistanz zu meinem männlichen Ich und ich habe diese Distanz gebraucht um meine feminine Seite ungestört und unentdeckt entfalten zu können. Nun wollte ich aber auf Dauer kein Alter Ego entwickeln, sondern führe das jetzt langsam wieder zusammen. Daher kommt jetzt die Latina in mir durch. In diesem Sinne: Oi, garotas! Das ist für mich nicht einfach, da Kleidung und Makeup auf mein blondes Ich abgestimmt waren. Da muss ich jetzt nochmal von vorne anfangen. Man könnte natürlich färben, aber das ist mit meinem Hautton gar nicht so einfach. Vielleicht reicht der Mut demnächst ja für ein paar Strähnchen.

Leider passiert es mir nun ständig, daas mich auch gute Bekannte nicht mehr erkennen. Also so gar nicht. Auf Treffen werde ich ständig für eine "Neue" gehalten, oder gar für eine Cis-Begleitung. :shock:

Aus diesem Grund habe ich nun beschlossen, meinen Avatar zu aktualisieren und ihn bei dieser Gelegenheit meinem alten gegenüber zu stellen. So als Vorher-Nachher-Vergleich. Das ist zwar gerade nicht en vogue, aber auch ohne Vollbart-Bild ist die Veränderung doch drastisch sichtbar:
6999
  • Links die blonde Nachtmotte von 2019 mit 2-Stunden-2-Kilo-Profi-Makeup, perfekt ausgeleuchtet und in Szene gesetzt, 500x geknipst für ein Wow-Bild und 499 für die Tonne. Es war das erste Mal full-femme, das erste Mal Nagellack, das erste Mal draußen in der Stadt - und mir war halb schlecht vor Aufregung.
  • Rechts der dunkle Tagfalter von heute, dezent selbst geschminkt und Haare hochgesteckt in 30min. Selfie mit der Handykamera im Flur. Anschliessend bei einem IT-Kunden einen Workshop besucht und zum Essen eingeladen worden. Alles im Ruhepuls und mit einem Lächeln auf den Lippen - und innerlich einem Grinsen bis zum Hippocampus.
Dazwischen liegen sechs Jahre voller Selbsterfahrung und -erkenntnis, aber keine Hormone, kein Skalpell, kein Laser, keine Turkish Hairlines, keine Retusche.

Liebe Grüße
Liv
Alicia
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Re: Liv goes live

Post 13 im Thema

Beitrag von Alicia »

Hallo Liv,

der dunkle Tagfalter steht dir sehr gut. Alles ist stimmig und mit den hochgesteckten Haare kommen die Ohrringe schön zur Geltung. Um dein volles Stirnhaar kann ich dich nur beneiden. Ich bin schon gespannt, dich persönlich kennenzulernen.

Liebe Grüße und bis zum Wochenende, Alicia (ki)
Eine Lebensweise zu erfinden ist nichts. Sie zu verinnerlichen, ein Anfang. Sie zu leben ist alles.
(Frei nach Otto Lilienthal)
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Re: Liv goes live

Post 14 im Thema

Beitrag von Joan Autumn »

Liebe Liv,

alles hat seine Zeit, aber ich bin sicher, dass sich auch der dunkle Tagfalter in eine ebenso dunkle Nachtfalterin verwandeln kann. Wenn ich Alicia richtig verstehe, haben wir ja bald die Gelegenheit, uns zu überzeugen.

Herzliche Grüße
Joan
Es gibt nur zwei Tage im Leben, die Du nicht ändern kannst: Gestern und Morgen. (Dalai Lama)
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Re: Liv goes live

Post 15 im Thema

Beitrag von Anja61 »

Hallo Liv,

ich finde diese Gegenüberstellung sehr interessant!
Dein aktuelles Foto strahlt viel Erfahrung und Selbstbewusstsein aus und spiegelt, glaube ich, Deine Entwicklung in den letzten 6 Jahren gut wieder.
Du scheinst in Dir selbst zu ruhen und wirkst entspannt, da ist vieles so selbstverständlich geworden, fast hätte ich den Text dazu kaum gebraucht, um das nachvollziehen zu können.

Ich selbst bin da eher noch auf dem Stand der "Blonden Nachtmotte" - mit allen Ängsten und Sorgen, die nur gelebte Erfahrungen überwinden können. Dabei möchte ich auch nicht stehenbleiben.

Vielleicht treffen wir uns mal bei der "Schwesternzeit" - an der Gala werde ich nicht teilnehmen.

Liebe Grüße
Anja
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