TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert
TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert - # 2

zu den Themen Crossdressing, Transgender, Transident...
Jaddy
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Re: TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert

Post 16 im Thema

Beitrag von Jaddy »

Ralf-Marlene hat geschrieben: Mo 2. Mär 2020, 08:47Ich bleibe bei meinen Aussagen: Der Text war, vermutlich unabsichtlich, verletzend. Die empfunden Verletzungen sind berechtigt und basieren nicht auf reiner übersteigerter Empfindlichkeit. Sie sind nicht nur "empfunden".
So unabsichtlich sehe ich das nicht mal, denn die Formulierungen aus der Ankündigung definieren ja praktisch ein Feindbild. Meine Interpretation: Sie fühlen sich durch die Auflösung der strikt biologistischen Gendertrennung bedroht. Sowohl in ihrer geschlechtlichen Identität, als auch in ihrem sexuellen Begehren. Eine Tendenz, die hier ja auch aus manchen Beiträgen durchscheint. Die klaren Trennungen in diese und jene Gruppen und Label werden ja quasi aufgehoben, also die Grundlage für Selbstverständnis und alle Argumentationen der letzten x-zig Jahre. Kein Wunder, dass Menschen wie Schwarzer und Feddersen am Rad drehen, wenn ihr Glaubenssystem einfach nicht mehr akzeptiert wird.

Darum ging es mir aber gar nicht. Auch wenn ich persönlich die Einstellungen dieser Leute ablehne und ihre Formulierungen als feindlich mir gegenüber wahrnehme, möchte ich nämlich gerade nicht auf diese Freund-Feind-Logik einsteigen. Das wird nämlich nichts konstruktives bringen, sondern wie in vielen Fällen vorher zu einer Zersplitterung, Zerfleischung und Verminderung der Kräfte gegen das eigentliche Problem führen, das nur mittelbar mit Geschlecht zu tun hat. Der Knackpunkt wird das Verständnis sein, dass jene Ungerechtigkeit und Gewalt, gegen die "sie" (und "wir") kämpfen, aus einer Ideologie von Hierachie, Kampf und Nullsummenspiel kommt, die früher tatsächlich mit dem biologistischen, binären Geschlechtermodell identisch war. Heute noch an letzterem festzuhalten heisst, zu einem Teil des ungerechten, gewalttätigen Systems zu werden.

Ja, ich fühle mich durch die geäusserten Ansichten dieser Leute angegriffen. Nicht verletzt, sondern bedroht. Ich fühle mich bedroht in meiner Existenz, in meinen Rechten zur Entfaltung und Teilhabe. Aber! Es gibt einen Unterschied zwischen "Du hast mich angegriffen" und "Ich empfinde das von Dir als Angriff".

Wenn ich auch nur etwas von GfK und verwandten Ideen gelernt habe, dann dass ich (bei nicht objektiv messbaren Größen) immer nur etwas über mich, bzw meine Empfindungen aussagen kann. Und die sind immer real. Ich kann versuchen, sie zu verstehen oder zu verändern, aber das ändert nichts an ihrer Wahrheit. Aber nochmal: Die Empfindung ist wahr. Nichts anderes ist so objektiv, dass wir drüber streiten könnten.

Der Punkt ist: Die Aussagen aus der Ankündigung, die zB Michi zitiert hat, machen genau den gleichen Fehler. Statt "wir sehen/fühlen/empfinden uns bedroht durch (Beobachtungen und Prognosen)" steht da (überspitzt) "Die da (also "wir") zerstören uns, löschen uns aus, machen uns unsichtbar". Dem ein "ihr verletzt uns" entgegen zu setzen wird doch höchstens zu einem führen, nämlich "Gut so, denn ihr seid unser Feind".
Marlene K.
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Re: TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert

Post 17 im Thema

Beitrag von Marlene K. »

Jaddy hat geschrieben: Mo 2. Mär 2020, 11:52 Der Punkt ist: Die Aussagen aus der Ankündigung, die zB Michi zitiert hat, machen genau den gleichen Fehler. Statt "wir sehen/fühlen/empfinden uns bedroht durch (Beobachtungen und Prognosen)" steht da (überspitzt) "Die da (also "wir") zerstören uns, löschen uns aus, machen uns unsichtbar". Dem ein "ihr verletzt uns" entgegen zu setzen wird doch höchstens zu einem führen, nämlich "Gut so, denn ihr seid unser Feind".
Wenn meine Aussage, ich und andere sind durch Eure vermutlich unbeabsichtigt gewählte Formulierung verletzt zu der Aussage
"Gut so, denn ihr seid unser Feind"
führt, habe ich nicht gewaltvoll geredet. Ich habe nur verursacht, dass mein gegenüber seine gewalthaftes Denken noch offener legt. Ich unterwerfe mich an dieser Stelle gemäß dem Toleranzparadoxon ganz bewusst nicht der Theorie der gewaltfteien Kommunikation, der GFK. Ich denke, ob das ein Fehler ist oder nicht werden wir hier nicht lösen. (dr)
Marlene

Ich halte es mit Karl Popper im 1945 formulierten Toleranz-Paradoxon https://de.wikipedia.org/wiki/Toleranz-Paradoxon

Ich bin (nur) intolerant gegenüber der Intoleranz.
Jaddy
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Re: TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert

Post 18 im Thema

Beitrag von Jaddy »

Ralf-Marlene hat geschrieben: Mo 2. Mär 2020, 12:10Wenn meine Aussage, ich und andere sind durch Eure vermutlich unbeabsichtigt gewählte Formulierung verletzt zu der Aussage
"Gut so, denn ihr seid unser Feind"
führt, habe ich nicht gewaltvoll geredet. Ich habe nur verursacht, dass mein gegenüber seine gewalthaftes Denken noch offener legt. Ich unterwerfe mich an dieser Stelle gemäß dem Toleranzparadoxon ganz bewusst nicht der Theorie der gewaltfteien Kommunikation, der GFK. Ich denke, ob das ein Fehler ist oder nicht werden wir hier nicht lösen. (dr)
:)p

Sehe ich auch so. Feindselige Gegenüber sind manchmal ganz nützlich, solange es unentschlossene Dritte gibt, die durch eine solche Offenlegung in die eigene Richtung motiviert werden können. Da bin ich etwas skeptisch. Und vor allem sehe ich die eigentlich gemeinsamen Konflikte, die sich mit einer leichten Perspektivänderung auf der aktuell feindseligen Seite besser lösen liessen. Versuchen wir es einfach auf beiden Wegen.
Cybill
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Re: TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert

Post 19 im Thema

Beitrag von Cybill »

Zurück zum Thema.
Der Eklat ist nur das Symptom einer transfeindlichen Personalauswahl bei den Protagonisten des Projektes "Elberskirchen-Hirschfeld-Haus".
Wenn sich hier nichts ändert, dann ist das Projekt gescheitert.

https://www.tagesspiegel.de/gesellschaf ... 01858.html

Grüße

Cybill
Scio quid nolo! - Ich weiß was ich nicht will!

Im Übrigen: Ich bin nicht hauptberuflich transsexuell!
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Re: TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert

Post 20 im Thema

Beitrag von Svetlana L »

Dass es auch anders geht ist aktuell auf tagesspiegel.de zu lesen. Dort gibt es ein Interview mit der Gründerin der Feminist Film Week Karin Fornander. Tenor: "Eine Trennung zwischen cis und trans Frauen lehnen wir ab"
Hawadehre
Svetlana
Marlene K.
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Re: TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert

Post 21 im Thema

Beitrag von Marlene K. »

Herr Feddersen legt nach:
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaf ... qmmEcNyWrQ
Das Projekt musste unbedingt ernst genommen werden, weil es aus radikalfeministischer Perspektive eine Kritik an den herrschenden Denkfiguren innerhalb der queerfeministischen Diskurse üben würde — dass nämlich, so die Absicht, das Binär-Geschlechtliche keineswegs so disponibel, ja, flüssig-änderbar ist, wie es wesentliche Teile der queerfeministischen Zirkel nahegelegt sehen wollen.
...
Kurzum: Es muss möglich sein, auch jenen eine Stimme zu geben, die sich als lesbische Frauen keineswegs mit der Fluidität der Geschlechter anfreunden möchten — weil sie sich als lesbische Frauen bedroht fühlen. (Ob sie es sind, ist es andere Frage: Aber die Gefühle, die in radikallesbischen Szenen geäußert werden, sind stark vorhanden und darum für uns hinreichend Grund, sie zur Geltung lassen zu kommen.)
...
Ihr Hinweis nun in ihrem Text, jetzt müssten die Verhältnisse geändert und etwa der Vorstand am besten ausgetauscht werden, kann von unserer Seite nur so beantwortet werden: Dann möge sie doch mitmachen, dann möge sie Verantwortung für die ehrenamtliche Arbeit übernehmen, und zwar praktisch, nicht nur vom Hochsitz akademischer Weisheit aus.
Ganz abgesehen davon, dass ich bei dem Menschen, der in einem anderen Artikel in der TAZ sinngemäß geäußert hat, dass es bei Streit zwischen Schwulenberatung, Ruth und queerfeministischen Projekten ja auch um Resourcen gehe, nicht wirklich vertraue, wenn er mir Mitarbeit auf Augenhöhe anbietet hier meine Antwort auf Facebook(..nein, ich möchte meinen Verbleib dort nicht diskutieren. Ich weiß was ich tue...):
Kein Mensch untersagt Frau Schumann und den radikalfeministischen Lesben an einem Diskurs über körperliches und soziales Geschlecht teilzunehmen. Kein Mensch schließt Herrn Feddersen von der Äußerung der Haltung Trans*Personen seien mit Polittunten nicht zu unterscheiden. Warum allerdings solche Haltungen eines eigenen Forums bedürfen und es undemokratisch sein soll, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Fremdzuschreibung schon im Vorfeld als solche zu benennen verstehe ich als Nichtakademikerin und Küchenmeisterin nicht. Die Auseinandersetzung um Geschlechtsbilder ist keine akademische. Sie betrifft mindestens mich und ich bin Mensch, keine Theorie.
Mein Bild von Solidarität ist ein anderes als es hier aufscheint. Ich fordere diese nicht nur für meine Gruppen. Ich fordere sie auch für Migrantinnen, dunkelhäutige, muslimische, schwarzhaarige Deutsche und Ausländer oder sonstige von Abwertung in unserer Gesellschaft betroffene Gruppen. Auch wenn das Geld kostet, was eventuell sonst meinen Gruppen zugute hätte kommen können...
Marlene

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Re: TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert

Post 22 im Thema

Beitrag von Marielle »

Guten Abend Marlene, Hallo zusammen,

danke für den Hinweis und deinen Beitrag.

Es stimmt, dass es Leute gibt, die einem so suspekt sein können, dass man ihnen nicht leichtgläubig über den Weg trauen sollte. Herr Feddersen hat sich durch diverse Äusserungen m.E. selbst in einen solchen Rahmen gesetzt.

Ich bin weit davon entfernt zu sagen, er hätte in Teilen trotzdem Recht. Das würde für diesen Rahmen zu respektabel klingen. Andererseits denke ich, dass diese (durchaus misslungene) Aktion von IQN / E2H und die Reaktionen darauf einen wunden Punkt offenlegen.

Es sind nicht nur 'die anderen', denen zuwenig am Disput liegt. WIR haben es als Community bisher auch nicht geschafft, einen inneren Disput über die 'Geschlechterfrage' so zu führen, dass wir daraus eine hinreichende Verständnis- und Toleranzfähigkeit bei anderen marginalisierten Gruppen und auch nicht nicht in der sogenannten 'Mehrheitsgesellschaft' gebildet hätten. Eine der größten Baustellen wurde abgeschlossen, in dem wirren Ideen und den diese vertretenden Gruppierungen zumindest die Wortführerschaft abhanden gekommen wurde (sic). Wir haben es aber noch lange nicht geschafft, den reflexartigen Rückfall in deren krude Argumentationen durch die notwendige Diskursfähigkeit zu ersetzen. Insofern unterscheiden wir uns leider an manchen Stellen nicht von feministischen Ultras oder schwulen Verteidigern der Männlichkeit.


Habt es gut

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Re: TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert

Post 23 im Thema

Beitrag von Mirjam »

Hallo Marielle,

ich bin in der Thematik jetzt nicht ganz so tief drin wie du, vielleicht verstehe ich deswegen auch nicht so genau, was du mit diesem Absatz meinst, insbesondere mit dem, was ich hervorgehoben habe:
Marielle hat geschrieben: Sa 14. Mär 2020, 23:51 Es sind nicht nur 'die anderen', denen zuwenig am Disput liegt. WIR haben es als Community bisher auch nicht geschafft, einen inneren Disput über die 'Geschlechterfrage' so zu führen, dass wir daraus eine hinreichende Verständnis- und Toleranzfähigkeit bei anderen marginalisierten Gruppen und auch nicht nicht in der sogenannten 'Mehrheitsgesellschaft' gebildet hätten. Eine der größten Baustellen wurde abgeschlossen, in dem wirren Ideen und den diese vertretenden Gruppierungen zumindest die Wortführerschaft abhanden gekommen wurde (sic). Wir haben es aber noch lange nicht geschafft, den reflexartigen Rückfall in deren krude Argumentationen durch die notwendige Diskursfähigkeit zu ersetzen. Insofern unterscheiden wir uns leider an manchen Stellen nicht von feministischen Ultras oder schwulen Verteidigern der Männlichkeit.
Magst du das mal bissle "allgemeinverständlicher" erklären, damit ich (und vielleicht noch ein paar andere) das auch verstehen können? Wenn es zu sehr vom Thema hier wegführt, dann gerne in einem neuen.

LG, Mirjam
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Re: TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert

Post 24 im Thema

Beitrag von Marielle »

Hallo Mirjam,

ich meine damit, dass es mittlerweile Personen und Gruppierungen gibt, die den Dialog mit Politiker_innen und anderen Menschen der Gesellschaft in einer Weise führen, die zu vermehrter Akzeptanz und besserem Verstehen führen können. Die frühere Mischung aus übergriffigem Kommentarspaltenaktivismus, dem Präsentieren von Forderungskatalogen in Wunschzettelprosa, destruktivem Protest und anderen ungeeigneten Formen des Engagements bzw. des Auftretens*, führen heute eher zur Blockadebildung bei 'den anderen', als das damit noch etwas zu erreichen wäre. Da hat es erhebliche Fortschritte gegeben.

Die Ankündigung der hier in Rede stehenden Veranstaltung war allerunterste Schublade. Das ist meinerseits unbestritten. Aber: Die Reaktionen aus der Community hatten zu Teilen kein anderes Niveau. Auf diese Weise wird man Probleme wie das Spannungsfeld zwischen verschiedenen Diskriminierungswahrnehmungen nicht lösen können. Wenn es bei alldem allein um die radikalen (kruden) Ansichten Frau Schumanns und einiger (weniger) anderer ginge, könnte / sollte man das Ganze einfach ignorieren. Die ganze Problematik findet sich aber viel breiter auch in dem Teil der Gesellschaft, den wir als Verbündeten brauchen.

Meiner Ansicht nach müssen wir ein Selbstverständnis finden, das uns natürlich selbst gerecht werden muss, das es uns aber auch ermöglicht, sowohl die Widersprüche und Fehler in den eigenen und in den Diskursbeiträgen der anderen argumentativ klar zu bearbeiten, als auch die Wahrheiten darin anzuerkennen. Zum Beispiel spielen sich die Wirkungen mancher Diskriminierungen von trans- und cis-Personen unter der Überschrift 'Geschlecht' ab. Ihre Ursachen und Historien sind aber wohl doch sehr unterschiedlich. Darüber sollten wir reden können; mit fast allen. Das können wir m.E. noch nicht gut genug.

Hab es gut

Marielle


*) Ich habe da absurde Dinge erlebt, bei denen ich ǵlatt Verständnis dafür hatte, dass man die trans*-Community manchmal nicht so sehr ernst nimmt.
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Re: TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert

Post 25 im Thema

Beitrag von Jaddy »

Was mir in dem Zusammenhang einfällt: Ich hatte eine Phase Anfang 2019, wo ich maximal genervt war von den immer gleichen Fragen zum Thema NB, dritte Option und dergleichen. Vor allem, dass die Leute immer nur "wie soll ich euch denn ansprechen" und "auf welches Klo geht ihr denn" fragten und nicht die Sachen, die mich eigentlich viel mehr betrafen, weil ich ja durch monatelangen Aktivismus schon viel weiter war.

Je nu. 98% der Leute da draussen haben gemessen am Durchschnittswissen hier quasi null Ahnung. Die haben viele Begriffe noch nie gehört, geschweige denn die verschiedenen Interpretationen und feinsinnigen Unterscheidungen. CD/TV/TS ist für viele alles irgendwie das gleiche. Und selbst bei "Sozialprofis" sieht das nicht besser aus. Ich habe mit einem Frienby zusammen einen kleinen Workshop zum Thema neuer Personenstand gemacht. Die 10 Teilnehmenden waren alle in in wichtigen Bremer Einrichtung zum Thema Antidsikriminierungsarbeit, etc beschäftigt und hatten alle nicht mal Halbwissen über Genderthematik, trans, inter, nicht-binär, usw.

Von daher ist es tatsächlich wohl nicht die beste Strategie, bei einzelnen, unbestritten feindselig auftretenden Personen, auch jene mit zu attackieren, die sich mangels besseren Wissens fragen, wo indem Fall "wir" das Problem sehen. Aufklärung tut not. Leider immer wieder von null beginnend.
Marlene K.
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Re: TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert

Post 26 im Thema

Beitrag von Marlene K. »

Jaddy hat geschrieben: So 15. Mär 2020, 14:07 ...
Je nu. 98% der Leute da draussen haben gemessen am Durchschnittswissen hier quasi null Ahnung. Die haben viele Begriffe noch nie gehört, geschweige denn die verschiedenen Interpretationen und feinsinnigen Unterscheidungen. CD/TV/TS ist für viele alles irgendwie das gleiche.
...
Hallo, Jaddy,
ich denke, Herr Feddersen und Frau Schumann sind hoffentlich nicht Teil von 98% der Gesellschaft, sonst sind sie sowohl bei den Queer Nations als auch de Elberskirchen-Hirschfeld-Haus wohl wirklich an der falschen Stelle.
Wenn ich von Herrn Feddersen also in einem Privatgespräch nachdem ich ihm in einem Leserbrief Transfeindlichkeit vorgeworfen habe fragt(viewtopic.php?f=69&t=18578&p=248530&hil ... en#p248490), wo denn der Unterschied zwischen mir und einem Menschen wie Olivia Jones ist bin ich nur noch wütend.

Diese Kämpfe von sich als Leitfiguren der queeren Szene verstehenden Menschen sollten nicht nötig sein.
Marlene

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Re: TAGESSPIEGEL: Taz-Veranstaltung als transfeindlich kritisiert

Post 27 im Thema

Beitrag von Jaddy »

Ralf-Marlene hat geschrieben: So 15. Mär 2020, 19:07Herr Feddersen und Frau Schumann sind hoffentlich nicht Teil von 98% der Gesellschaft, sonst sind sie sowohl bei den Queer Nations als auch de Elberskirchen-Hirschfeld-Haus wohl wirklich an der falschen Stelle.
Ich kann das für die beiden nicht einschätzen, aber ja, genau das meinte ich. Genauso gut mag bei Feddersen und anderen auch eine totale Ignoranz im Spiel seit, sich rational und emotional mit queeren Themen ausserhalb der eigenen zu beschäftigen (was ihn in der Tat nicht für den Posten eignen würde). Und nicht zu vernachlässigen ist auch, dass bei aller eigenen queerness einige Menschen gegen bestimmte Ideen arge emotionale Widerstände haben. Wer weiss, was es in ihnen triggert. Das könnte auch bei Frau Schumann der Fall sein, egal wie sie diese emotionale Ablehnung rationalisiert.

Das zu verstehen heisst aber noch lange nicht, das auch irgendwie zu akzeptieren. Feindlichkeit bleibt Feindlichkeit, auch wenn sie mit vielen tollen Wörtern intellektuell verpackt dagebracht wird.
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