Andrea — meine Erlebnisse
Andrea — meine Erlebnisse - # 6

Crossdressing und selbst Erlebtes... Erdachtes
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Andrea aus Sachsen
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 76 im Thema

Beitrag von Andrea aus Sachsen »

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14.6.2013
Es ist schon fast ein Jahr her, als ich als Andrea mal eine Vorstellung des Chemnitzer Kabaretts besucht hatte. Schon damals beschloss ich, weitere Besuche folgen zu lassen. Ich hatte mir sogar schon ein Stück herausgesucht. Es war gerade neu herausgekommen uns es wirkten genau die Ensemblemitglieder mit, die ich bisher noch nicht kannte.
Da neue Stücke immer sehr gefragt sind, waren alle bisherigen Anläufe erfolglos wegen ausverkaufter Veranstaltung. Diesmal aber sollte es klappen. Ich hatte mir eine Karte reservieren lassen, natürlich per E-Mail auf meinen weiblichen Namen.
Nach Feierabend ging ich wieder ins Zweithaarstudio Simone zum Umziehen und schminken lassen. Ich trug (wieder einmal) meinen kurzen engen schwarzen Rock, die Bluse mit Blumenmuster, gemusterte schwarze Strumpfhosen und Pumps. Diesmal kann ich ein Foto davon in meiner Galerie präsentieren: gallery/image_page.php?album_id=677&image_id=7379
Ich muss dazu sagen, dass dieses Outfit für mich grenzwertig ist, sowohl bezüglich der Rocklänge, als auch des "Aufreizfaktors". Ich denke aber, für eine über Fünfzigjährige ist das gerade noch tragbar, oder irre ich mich da?
Nachdem ich meine Männersachen wieder im Bahnhofsschließfach deponiert hatte, blieb noch etwas Zeit zum Einkaufen. Ich wolle mich diesmal ein wenig nach einfarbigen sommerlichen Röcken und Blusen umsehen, um für meine sonst recht bunten Sachen bessere Kombinationsmöglichkeiten zu haben. Das was ich suchte scheint derzeit aber überhaupt nicht in Mode zu sein, besonders Röcke in meiner Lieblingslänge (kniebedeckend). Als ich schon fast am Verzweifeln war, wurde ich doch noch fündig: Ein ganzer Ständer Faltenröcke, die Länge könnte passen, mehrere Farben standen zur Auswahl und das Ganze als Sonderangebot für 9 € pro Stück! Ich überlegte noch, ob ich einen roten, blauen oder beide Röcke nehmen soll, aber die Entscheidung wurde mir abgenommen, da der blaue nicht in meiner Größe vorrätig war.
Über dieses Schnäppchen habe ich mich sehr gefreut, besonders auch, weil ich vor vielen Jahren schon mal so einen Rock besaß. Obwohl ich ihn gern getragen hatte, fiel er einer meiner "Entsorgungsaktionen" zum Opfer.
Um 20 Uhr sollte die Kabarettvorstellung beginnen, bis 30 Minuten vorher musste ich meine reservierte Karte an der Abendkasse abgeholt haben. Die Zeit dazwischen nutzte ich noch für einen kleinen Imbiss in der Kabarettkneipe.
Ich hatte einen Platz am Rande, da machte es Sinn, erst die anderen Leute reinzulassen. Umso imposanter war dann mein Auftritt vor den fast vollzählig versammelten Besuchern, da mein Platz nur über die Bühne zu erreichen war. Dank meiner Absatzschuhe war ich sicher auch akustisch nicht zu überhören. Das Spiel wiederholte sich noch einmal nach der Pause.
In dem Stück, das sich ""˜s wär schon schön" nannte, ging es um Probleme, die entstehen können, wenn drei Generationen unter einem Dach wohnen. Viele Situationen kamen mir aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis irgendwie bekannt vor. Oft konnte über die eigenen menschlichen Schwächen herzhaft gelacht werden. Auch meine zweite Vorstellung, die ich hier sah, hat mir sehr gut gefallen, und es war bestimmt nicht die letzte.
Wieder draußen, war es merklich kühler geworden. Ich hätte meine Jacke doch nicht im Schließfach lassen sollen. Gut, den etwa 20-minütigen Weg bis zum Bahnhof habe ich trotzdem heil überstanden. Die Heimfahrt mit der Bahn war für mich dann schon längst Routine.
Viele Grüße
Andrea aus Sachsen
ExuserIn-2015-02-14

Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 77 im Thema

Beitrag von ExuserIn-2015-02-14 »

Hallo, Andrea,

vielen Dank für den schönen und anschaulichen Bericht. Kabarett wäre absolut auch mein Ding, vielleicht klappt es mal mit meinem gemeinsamen Besuch im Chemnitzer Kabarett oder im Mainzer Unterhaus.
Mein nächstes kulturelles Highlight werden die Nibelungen Festspiele in Worms sein.
Andrea aus Sachsen
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 78 im Thema

Beitrag von Andrea aus Sachsen »

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15.6.2013
Es sollte wieder einmal ein kompletter Andrea-Tag werden. Das bedeutete gleich nach dem Aufstehen schminken und danach bereits als Andrea Brötchen beim Bäcker holen. Nach dem Frühstück hatte ich noch einiges einzukaufen. Sicherheitshalber ging ich da, genauso wie früh beim Bäcker, in solche Läden, wo man mich als Mann kaum kennt. Etwas vorsichtig bin ich also immer noch.
Wegen des sommerlichen Wetters trug ich mein rot-weiß gemustertes Sommerkleid, dazu hautfarbene Strumpfhosen und cremefarbene Sandaletten. Nachdem ich zu Hause noch einige Kleinigkeiten erledigt und etwas zum Mittag gegessen hatte, machte ich mich auf den Weg nach Chemnitz.
Ich hatte mir ein umfangreiches Programm vorgenommen. Zuerst fuhr ich, da es vom Bahnhof aus eine direkte Busverbindung gibt, ins Industriemuseum. Dort wird zur Zeit die Sonderausstellung "Reiz und Scham — 150 Jahre Kulturgeschichte der Unterwäsche" gezeigt. Natürlich ging es vorrangig um das weibliche Darunter. Die andere Seite war zwar auch vertreten, aber genauso wie das, was die Herren gewöhnlich darüber tragen, viel weniger bis gar nicht interessant.
Schön, dass ich die Möglichkeit hatte, diese Ausstellung als Andrea zu sehen. Im Männermodus wäre ich mir hier wahrscheinlich etwas deplatziert vorgekommen, im Gegensatz zu den sonst vorwiegend technischen Ausstellungsobjekten des Industriemuseums. Nach einer knappen Stunde war ich durch die Sonderausstellung durch und bin wieder zurück in die Innenstadt gefahren.
Bereits auf der Hinfahrt konnte den Umzug des ersten Chemnitzer CSD beobachten, als der Bus dank eigener Spur auf der dafür gesperrten Straße vorbeifuhr. Gegenüber dem, was ich aus den Medien von anderen Städten kannte, nahm sich die Sache hier bescheiden aus. Die Presse schrieb später von 250 Teilnehmern, ich hätte höchstens die Hälfte geschätzt. Schrille Kostüme waren so gut wie keine zu sehen.
Grundsätzlich habe ich ja ein etwas gespaltenes Verhältnis zu den CSD-Veranstaltungen, wollte aber die Gelegenheit nutzen, so etwas einmal live zu sehen. Also ging ich als nächstes mal durch die etwa 50 m lange "Party-Meile" in einer Nebenstraße im Stadtzentrum. Der Verein different people, wo sonst in Chemnitz CD- und TS-Treffen stattfinden, war natürlich auch mit einem Stand vertreten.
Sonst dominierten aber die Homosexuellen. Trans-Themen spielten nur eine untergeordnete Rolle. Das und die laute Musik, die nicht unbedingt meinen Geschmack traf, sorgten dafür, dass ich mich hier nicht aufgehoben fühlte. Eine sehr schrill gekleidete Transe (pinkfarbenes kurzes Kleid, ebensolche Perücke, High Heels) konnte ich dann doch entdecken. Sie schien für zahlreiche Besucher sehr interessant zu sein, war ständig von denen umringt. Ich hätte ja auch gern mal mit ihr gesprochen, aber ich hatte an diesem Tag noch anderes vor.
Um 16 Uhr sollte in der Villa Esche (http://www.villaesche.de) eine Führung stattfinden. Wegen teilweise starker Nachfrage hatte ich mir dazu bereits im Vorfeld einen Platz reserviert. Nach wenigen Stationen mit der Straßenbahn war ich schnell vor Ort.
Die 1903 erbaute Villa Esche ist das ehemalige Wohnhaus der Familie eines Textilfabrikanten. Es besticht durch eine einzigartige Architektur, für die der belgische Architekt Henry van de Velde verantwortlich zeichnet, dessen 150. Geburtstag dieses Jahr vielerorts gefeiert wird. Das Gebäude wurde in den Jahren 1998 bis 2001 umfassend restauriert und ist seit dem der Öffentlichkeit für Ausstellungen und verschiedene Veranstaltungen in stilvollem Ambiente zugänglich.
Während der Führung wurden die architektonischen Besonderheiten der Villa gezeigt, über das Leben der Familie Esche informiert und das sonstige Schaffen Henry van de Veldes vorgestellt. Während des etwa 90-minütigen Rundgangs schien wieder einmal niemand von mir besonders Notiz zu nehmen, obwohl ich mit meinem Kleid doch zumindest farblich einen kleinen Akzent setzte. Etwas schmerzvoll musste ich dagegen feststellen, dass ich in den Sandaletten mit leichtem Keilabsatz zwar bequem laufen, aber nicht längere Zeit an einem Ort stehen konnte.
Gern hätte ich in der Gaststätte in einem Nebengebäude noch einen Kaffee getrunken, aber dort war wegen einer Hochzeitsgesellschaft geschlossen. Also fuhr ich wieder ins Stadtzentrum und überlegte noch, ob es sich angesichts der fortgeschrittenen Zeit überhaupt lohnt, noch einen Kaffee zu trinken. Ich ging noch einmal durch die "Party-Meile", wo einige schon mit dem Abbau beschäftigt waren. An einem Stand sah ich noch größere Mengen Kuchen und wurde auch prompt angesprochen, ob ich noch etwas davon möchte und einen Kaffee dazu. Ich willigte ein und hatte so noch einen kleinen Beitrag zum Gelingen des CSD geleistet.
Schließlich habe noch jemand von "uns" gesehen: schulterlange, wahrscheinlich eigene Haare, aber etwas ungepflegt und ungeschminkt, dadurch eindeutig als Mann erkennbar. Das hellblaue Kostüm passte da irgendwie nicht dazu. Er/sie hatte mich wohl als "seinesgleichen" erkannt und grüßte kurz im Vorbeigehen.
Ich hatte noch eine reichliche Stunde Zeit, bis der nächste Zug nach Hause fuhr. Die nutzte ich, um mich in verschiedenen Damenmodegeschäften noch einmal nach einer kurzärmligen einfarbigen Bluse umzusehen. Allzu groß war die Auswahl nicht, weil derzeit wohl bunt modern ist, aber am Ende habe ich mich für eine weiße Bluse entschieden. Die dürfte zu fast allen Röcken und auch Hosen passen. Trotzdem weiß ich nicht, ob ich damit glücklich werde, denn schon nach dem Anprobieren klebte etwas Schminke am Kragen.
Nach einem erlebnisreichen Andrea-Tag trat ich schließlich die Heimreise an. Schön fand ich, dass ich seit Monaten endlich wieder einmal als Andrea allein etwas unternehmen konnte. Das soll nicht heißen, dass ich mich nicht gern mit netten CD-Freundinnen treffe, um gemeinsam unserer Leidenschaft nachzugehen. Die Soloausflüge möchte ich aber genauso wenig missen. So werde ich versuchen, auch künftig eine gute Mischung aus all dem zu finden.
Viele Grüße
Andrea aus Sachsen
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 79 im Thema

Beitrag von Andrea aus Sachsen »

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cher hat geschrieben:das Kleid steht Dir sehr gut, hatte ich schon in Berlin empfunden.
Auch der Schmuck und die Schuhe, zusammen ein schönes Bild und gutes passing.
Emma hat geschrieben:super Sommerkleid! Durfte es selbst in Augenschein nehmen.
Ellen hat geschrieben:Sehr schick, Andrea, das hat Stil
MEL hat geschrieben:Das ist ja richtig jugendlich - steht dir prima!
Ilektra hat geschrieben:Das ist wirklich gut gelungen Andrea.
bettina54 hat geschrieben:Sieht einfach natürchlich aus. eine hübsche frau
Ladylike hat geschrieben:vielen Dank für den schönen und anschaulichen Bericht.
Ich glaube, ich muss mich wieder einmal für die vielen netten Kommentare zu meinen Berichten und Fotos bedanken. Sie geben mir die Motivation, weiterzumachen.
Viele Grüße
Andrea aus Sachsen
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 80 im Thema

Beitrag von Andrea aus Sachsen »

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5.7.2013
Der erste Freitag im Monat, das heißt Crossdressertreffen in Chemnitz! Das letzte Mal vor der Sommerpause wollte ich gern noch einmal dabei sein. Der Andrea-Tag (eigentlich nur Nachmittag und Abend) begann wie immer in Chemnitz nach der Arbeit: Umziehen und schminken lassen im Zweithaarstudio Simone, ein Foto machen lassen, Männersachen im Bahnhofsschließfach deponiert.
Heute trug ich den roten Faltenrock, den ich erst vor einigen Tagen gekauft hatte, dazu eine hellblaue Bluse mit Blumenmuster, hautfarbene Strumpfhosen und weiße Pumps, doch seht selbst: gallery/image_page.php?album_id=677&image_id=7437
Wie üblich blieb noch etwas Zeit zum Einkaufen. Ich ging zuerst zu Deichmann, in der Hoffnung, ein Paar weiße Sandaletten zu finden. Davon hatte ich noch keine in meiner Sammlung, aber schon einige Ideen, zu welchen Outfits die passen könnten. Kurioserweise brauche ich ja bei Sandaletten eine Nummer kleiner (42) und da ist die Auswahl gleich viel größer. Ich wurde auch schnell fündig, probierte sie an und sie passen hervorragend!
Ich habe mir dann noch Karten für eine Veranstaltung besorgt, die zwar erst Ende November stattfindet, für die aber eine große Nachfrage zu erwarten ist. Jetzt kann ich mich ganz entspannt auf ein weiteres hoffentlich schönes Erlebnis freuen, aber dazu zur gegebenen Zeit mehr.
Die dritte Station meiner (kleinen) Einkaufstour war bei H&M. Ich suchte ja schon seit einiger Zeit nach einfarbigen Röcken und Blusen. Diesmal hatte ich mich auf Röcke konzentriert und es gab sogar ein reichhaltiges Sortiment im Sonderangebot. Vier Stück kamen in die engere Wahl und ich nahm sie mit in die Kabine. Aber nur ein kniefreier roter enger Rock sagte mir danach noch zu bzw. passte richtig. Gut, für die Kürze der Zeit empfand ich das als ein gutes Einkaufsergebnis. Beim Anprobieren der Röcke hatte ich gleich meine Pumps gegen die neuen Sandaletten getauscht. Damit konnte ich deutlich besser laufen.
Kurz nach 18 Uhr machte ich mich dann auf den Weg zum Crossdressertreffen. Als Besonderheit an diesem Tag waren 4 Mitglieder unseres Forums dabei: Claudia (1975), Emma, Sahra und ich. Das ist neuer Rekord! Emma und Sahra blieben allerdings nur kurz und nicht zur gleichen Zeit. So konnte ich Claudia, die gerade zu Besuch in ihrer alten Heimat war, etwas näher kennenlernen. Sie geht zwar einen anderen Weg als ich, den aber ganz konsequent und weiß auch schon genau, was sie will. Das hat mich sehr beeindruckt.
Das Wetter war sommerlich warm und wir konnten draußen sitzen. Dadurch hatten wir das bekannte Platzproblem, das bei über 15 Besuchern im different people aufgetreten wäre, an diesem Abend nicht.
Die Heimfahrt verlief ohne Besonderheiten, obwohl es da eine Situation gab, die mir früher Angst gemacht hätte: Beim Einsteigen in den Zug musste ich an einer etwa 10-köpfigen Gruppe männlicher Jugendlicher vorbei, aber keiner hat mich besonders beachtet. Als elegant gekleidete reife Dame passte ich wohl nicht in deren Zielgruppe.
Zu Hause hieß es dann leider wieder in den Männermodus wechseln. Um meiner Tochter nicht zu begegnen nutzte ich dazu wieder einen Abstellraum neben der Hintertür. Wie sich aber herausstellte, war meine Tochter bei einer Freundin. Ja, wenn sie mir das eher gesagt hätte, wäre dieser Andrea-Tag nicht so abrupt zu Ende gegangen, aber das konnte sie ja (noch) nicht wissen.
Viele Grüße
Andrea aus Sachsen
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 81 im Thema

Beitrag von Andrea aus Sachsen »

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7.7.2013
Mein Ausflug führte mich heute zum Schoss Rochsburg im gleichnamigen Ortsteil von Lunzenau, etwa 20 km nordwestlich von Chemnitz: http://www.kultur-mittelsachsen.de/muse ... sburg.html
Kurz nach 9 Uhr habe ich das Haus verlassen. Ich trug noch einmal das gleiche Outfit wie beim letzten Crossdressertreffen: kniebedeckender roter Faltenrock, hellblaue Bluse mit Blumenmuster, hautfarbene Strumpfhosen und meine neuen weißen Sandaletten. Selbst meine Mutter, die mich sonst lieber so sieht, wie sie es seit 55 Jahren gewöhnt ist, konnte sich die Bemerkung "das sieht aber gut aus" nicht verkneifen.
Mein Ziel war mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwas umständlich zu erreichen (fast 2 Stunden mit dem Bus mit 2 mal Umsteigen), aber so etwas stört mich nicht, wenn ich als Andrea unterwegs bin. An diesem Sonntagvormittag waren kaum Leute unterwegs, zeitweise war ich die einzige im Bus (außer dem Fahrer natürlich).
Im Museum auf Schloss Rochsburg schien ich zunächst auch die einzige Besucherin zu sein. Erst während des Rundganges traf ich auf eine sechsköpfige Gruppe, die sich offenbar alle kannten. Sie schienen aber für die Ausstellung wenig Zeit oder Interesse zu haben, denn bereits nach wenigen Minuten hatten sie mich "überholt" und dabei, wie könnte es anders sein, nur wenig bis gar keine Notiz von mir genommen. So war ich wieder "allein" und das Klacken meiner Absätze hallte durch das alte Gemäuer.
Ich fand die Ausstellungen dagegen gar nicht uninteressant. Ein Teil beschäftigte sich mit der Geschichte des Schlosses und seiner ehemaligen Bewohner. Umrahmt wurde das Ganze von alten Möbeln und Einrichtungsgegenständen. Im Kellergewölbe des Schlosses war eine Ausstellung zu natürlichen Baustoffen zu sehen, die, seit Jahrtausenden verwendet, auch heute noch zahlreiche Vorteile gegenüber irgendwelchen High-Tech-Materialien aufweisen.
Zwei Räume sind wechselnden Kunstausstellungen vorbehalten. Zur Zeit ist dort "Dialog der Farben" eines Künstlers aus der Region zu sehen, Bilder, die nichts konkretes darstellen, aber durch ihre Farbzusammenstellung beindrucken.
Am interessantesten, insbesondere für unsere Problematik, dürfte die Ausstellung "Leute machen Kleider", ein Streifzug durch 1000 Jahre Modegeschichte sein. Aus jeder Epoche wird jeweils ein typisches Beispiel der jeweiligen Männer- und Frauenkleidung gezeigt. Folgende Erkenntnisse konnte ich daraus gewinnen:
"¢ Bis zum 12. Jahrhundert trugen Männer und Frauen gleichermaßen kleidähnliche Gewänder, die sich nur wenig voneinander unterschieden.
"¢ Ab dem 13. Jahrhundert setzte sich bei der Herrenbekleidung die Hose durch. Sie gab es in der gleichen Vielfalt wie bei den Damen Röcke oder Kleider.
"¢ Ab dem 19. Jahrhundert begann die Herrenmode immer mehr in ein "Einheitsgrau" zu verkümmern.
Im Museum lag auch ein Fragebogen aus, auf man bzw. frau seine Eindrücke, Anregungen und Kritik kundtun konnte. Wie schon mehrmals in der Vergangenheit, habe ich mich daran beteiligt und bin bei der Frage nach dem Geschlecht hängengeblieben. Natürlich ging wieder einmal nicht daraus hervor, ob das biologische oder das gefühlte Geschlecht gemeint war. Da der Fragebogen an der Museumskasse abgegeben werden sollte und ich dort keine Verwirrung stiften wollte, kreuzte ich das an, was am meisten meinem äußeren Erscheinungsbild entsprach.
Wenn auch mein Eindruck vom Schloss Rochsburg fast durchweg positiv ausfällt, so möchte aber auch nicht verschweigen, dass die Restaurierung bei weitem noch nicht abgeschlossen ist und dass es dort zur Zeit keine Gastronomie gibt. Ob deshalb die Besucherzahl so gering ausfiel?
Ich ging also in den Ort zurück, wo es noch zwei offene Gaststätten geben sollte. Zwei ältere Paare kamen mir dabei entgegen, die wahrscheinlich auch das Schloss besichtigen wollten. Ansonsten aber war der Ort wie ausgestorben.
Dagegen zeigte sich das Wetter von seiner allerbesten Seite: Sonnenschein, angenehme 20 bis 25°C und dazu ein leichter Wind, der den Rock immer wieder gefühlvoll meine Beine berühren ließ.
Die Gaststätte an der ich vorbeikam war recht gut besucht, zumindest draußen gab es keinen freien Tisch mehr. Drinnen wäre ich die einzige gewesen. So zog ich es vor, an einem Tisch Platz zu nehmen, an dem schon ein älteres Paar saß. Am Nachbartisch ein Lichtblick: Eine Frau in einem wunderschönen sommerlichen knöchellangen Rock! Es sollte die einzige bleiben, die ich außer mir an diesen Tag in Rochsburg in solcher Kleidung sah. Nach dem Essen konnte ich noch einen Blick auf die zur Gaststätte gehörende Gartenbahnanlage werfen, die auch in Betrieb war.
Langsam musste ich an die Heimfahrt denken. Auf dem Weg zur Bushaltestelle kam ich an der Dorfkirche vorbei und wollte auch dort noch mal kurz reinschauen. Als ich die Tür öffnete, merkte ich, dass dort gerade eine Veranstaltung lief und wollte schon wieder gehen. Aber man bat mich hereinzukommen. So nahm ich in einer der hinteren Reihen Platz und schaute mich um, denn die Architektur und Einrichtung solcher alter Gebäude interessiert mich. Die Veranstaltung, ein Vortag über Kirchen in Afrika, war dagegen nicht so mein Ding. Da ich außerdem nur noch wenige Minuten Zeit hatte, verließ ich die Kirche unauffällig wieder.
Auf der Rückfahrt im Bus wurde es dann doch etwas warm. So bekam ich großen Appetit auf ein Eis. Das ließ ich mir dann als Abschluss dieses Andrea-Tages auch richtig schmecken.
Wenn ein kleines Fazit erlaubt ist: Meine Erlebnisse an diesem Tage mögen nicht besonders zahlreich oder spektakulär gewesen sein, dafür habe ich mich so wohl wie lange nicht mehr als Frau gefühlt. Lag es an dem Outfit, das mir persönlich sehr gut gefällt oder am schönen Wetter? Ich weiß es nicht, es war einfach herrlich! Oder müsste es fraulich heißen?
Viele Grüße
Andrea aus Sachsen
Joern
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 82 im Thema

Beitrag von Joern »

Hallo Andrea,

ich habe die Kleider machen Leute Austellung auf der Rochsburg auch schon gesehen. Ich wohne ja auch in der Gegend. Das war zu Pfingsten vor zwei Jahren. Die Ausstellungsstücke sind sehr schön gemacht und gerade die Damenmode des 18. und 19. Jahrhunderts fand ich damals beeindruckend, mal so aus der Nähe betrachtet. Obwohl ich sagen muß, daß mir da die heutigen anschmiegsamen Materialien doch lieber sind. Die damals gebräuchlichen Miederkorsetts waren ja im allgemeinen aus ziemlich derben Materialien. Aber Elasthan und Nylon waren da noch nicht erfunden.

LG Joern
Andrea aus Sachsen
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 83 im Thema

Beitrag von Andrea aus Sachsen »

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Joern hat geschrieben:Obwohl ich sagen muß, daß mir da die heutigen anschmiegsamen Materialien doch lieber sind.
Hallo Joern,
also mir gefallen die heutigen Materialien und große Teile der heutigen (Damen-)Mode auch besser. Ich komme nur bei solchen Ausstellungen immer wieder zu der Erkenntnis, dass die Beschränktheit der Männermode eine "Erfindung" der Neuzeit ist und dass wir als Mann vorher mehr Gestaltungsspielraum hatten. Bleibt die Frage: Warum dieser Rückschritt?
Wen dieses Thema mehr interessiert, der/die kann gern einen neuen Thread dazu aufmachen.
Viele Grüße
Andrea aus Sachsen
Andrea aus Sachsen
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 84 im Thema

Beitrag von Andrea aus Sachsen »

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14.7.2013
Heute war ich als Andrea zum ersten Mal in Amerika. Nein, nicht das jenseits des "großen Teiches". Als Ortsteil von Penig im Tal der Zwickauer Mulde (Kreis Mittelsachsen) gibt es das auch im Kleinformat. Mittelpunkt des Ortes ist der ehemalige Bahnhof der stillgelegten Muldentalbahn, der eine gewisse touristische Attraktivität besitzt, vor allem wegen des Namens.
Als ich am Vortag in der Zeitung las, dass dort ein Sommerfest stattfindet und aus diesem Anlass auf der Muldentalbahn Fahrten mit der Motordraisine (auch Schienentrabi oder Gleiskraftrad genannt) angeboten werden, entschloss ich mich kurzfristig zu einem Andrea-Tag in Amerika.
Für diesen etwas technisch geprägten Ausflug wählte ich ein nicht ganz so damenhaftes Outfit: schwarze lange Hose, weiße Bluse und schwarze Sandaletten.
Nachdem ich mich vormittags in Andrea verwandelt hatte, ging es gleich nach dem Mittagessen los: Mit dem Bus bis Penig und die ca. 3 km lange Strecke der Muldentalbahn mit dem Schienentrabi. Am Ziel meiner Reise ließ ich mir erst mal ein Beweisfoto machen: gallery/image_page.php?album_id=677&image_id=7454
Eigentlich war es schon seit vielen Jahren mein Ziel, dem Ort mit dem berühmten Namen einmal einen Besuch abzustatten. Mit Stilllegung der Muldentalbahn erst mal etwas in die Ferne gerückt, bedurfte es eines Zufalls (Zeitungsartikel) und meines Unternehmungsgeistes als Andrea, dieses Ziel heute zu erreichen.
Das Sommerfest selbst bot nichts Spektakuläres. Als kultureller Beitrag traten ein Akkordeonorchester und eine Line-Dance-Gruppe auf. Ob mit letzterer etwas Stimmung wie im "echten" Amerika aufkommen sollte? Ich habe nichts davon gespürt, obwohl ich Countrymusik gar nicht mal so schlecht finde. Das Wetter hatte übrigens auch gut mitgespielt.
Für einen Andrea-Tag war mir das allerdings noch etwas wenig. So hatte ich bereits im Vorfeld nach Veranstaltungen gesucht, die ich abends noch besuchen könnte, bin aber nicht fündig geworden. Da ich früher gern gewandert bin, hatte ich noch die Idee, in den nächsten Ort mit regulärem Bahnverkehr zu laufen und von dort über Chemnitz nach Hause zu fahren. Wegen meiner derzeitigen Probleme mit den Füßen war dieses Unterfangen etwas riskant. Ich hatte mich deshalb erst kurz zuvor, als ich mit meinen neuen Sandaletten (mit 5cm-Blockabsatz) bis dahin keine Probleme hatte, endgültig dafür entschieden.
Zur Stärkung bestellte ich mir noch einen kleinen Imbiss und wurde dabei wieder einmal mit "junge Frau" angesprochen. Na wenn das nicht das nötige Selbstvertrauen gibt!
Für die etwa 8 km lange Strecke hatte ich 2½ Stunden Zeit, um eine günstige Zugverbindung nach Hause zu erreichen — unter normalen Umständen überhaupt kein Problem. Die ersten 2 km durch den Wald waren etwas anstrengend. Ich musste mich konzentrieren, um nicht umzuknicken. Die restliche Strecke auf befestigten Wegen hatte ich dann schon etwas Muse, um mich herum die Natur zu genießen.
Um es kurz zu machen: Ich habe es ohne Probleme überstanden. 8 km am Stück auf Absatzschuhen, das ist auch ein Rekord! Ich bin zwar kurz vor dem Ziel einmal umgeknickt, aber kurioserweise tat mir danach das Knie weh, Füße und Knöchel waren o.k.
Nach weiteren 1½ Stunden war ich schließlich wieder zu Hause und erst einmal froh, meine Schuhe ausziehen zu können. Ich erzählte meiner Mutter kurz, wie es war und sie sagte daraufhin, dass ich als Andrea in Hosen auch ganz gut aussehe. Irgendwie kamen wir noch auf Handtaschen zu sprechen und darauf, dass zu einigen meiner Outfits eine weiße besser passen würde. Daraufhin schaute sie in ihrem Fundus nach und schenkte mir, als krönender Abschluss dieses Andrea-Tages, eine Ihrer weißen Handtaschen. Die Halskette, die ich an diesem Tag trug, war übrigens auch von meiner Mutter.
Viele Grüße
Andrea aus Sachsen
ExuserIn-2015-02-14

Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 85 im Thema

Beitrag von ExuserIn-2015-02-14 »

Hallo, Andrea!

Vielen Dank für die schriftstellerischen Leckerbissen Deiner wunderbaren Andrea-Erlebnisse. Dein Outfit ist einfach geschmackvoll und sehr feminin. Deine Mutter scheint ihre Andrea mehr und mehr zu akzeptieren, wie schön für Dich. Alles Gute!
Kerstin
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 86 im Thema

Beitrag von Kerstin »

Hallo Andrea
Ich bin immer wieder überrascht, mit welcher selbstverständlichkeit du deine Ausflüge angehst. Und der Bahnhof schaut ja wirklich wild romantisch aus.


Liebe Grüße
Kerstin
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Andrea aus Sachsen
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 87 im Thema

Beitrag von Andrea aus Sachsen »

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19.7.2013
Am vergangenen Freitag habe ich mir einen langgehegten Wunsch erfüllt, der eigentlich mit meiner weiblichen Seite gar nichts zu tun hat. Seit meiner Jugend interessiere ich mich auch für Astronomie, also für das, was sich in den Weiten des Weltalls so alles herumtreibt. Seitdem werfe ich regelmäßig einen Blick in den Sternenhimmel, aber immer nur mit bloßem Auge oder bestenfalls mit einem kleinen Feldstecher.
Fast genauso lange besteht der Wunsch, mal mit einem richtigen astronomischen Fernrohr noch weiter ins Universum zu blicken. Um das Realität werden zu lassen, hatte ich vor einigen Jahren die Sternwarte in Radebeul bei Dresden ins Auge gefasst. Dort findet jeden Freitagabend bei klarem Himmel ein öffentlicher Beobachtungsabend statt. Das bot die Möglichkeit, nach Feierabend loszufahren, für die Nacht ein Hotelzimmer zu nehmen und am Sonnabend noch einige der zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Gegend anzusehen. Eine Liste mit Hotels in der Nähe und sogar die Zugverbindung hatten ich mir schon herausgesucht, aber irgendetwas passte nie: Entweder man hatte schon was anderes vor, das Wetter spielte nicht mit oder meine Exfrau hatte gerade keine Lust.
Seit etwa einem Jahr schwebte mir vor, diesen Ausflug als Andrea zu machen. Dabei bestand allerdings das zusätzliche Problem, dass meine Tochter am Freitagnachmittag bei meiner Verwandlung in Andrea nicht zu Hause sein durfte. Gut, dafür brauchte ich auf meine Exfrau keine Rücksicht mehr zu nehmen.
Am vergangenen Freitag bot sich solch eine langersehnte Gelegenheit. Interessiert schaute ich in den Wetterbericht, der schon über mehrere Tage nur eine leichte Bewölkung vorhersagte. Zwei Abende vorher wären die Bedingungen bei klarem Himmel ideal gewesen. So buchte ich am Vorabend eine Hotelübernachtung, legte meine Sachen zurecht und packt meinen Koffer. Ich hatte nicht viel Zeit, mir Gedanken über mein Outfit zu machen. So sollte es noch einmal das Gleiche wie bei meinem Ausflug vor einer Woche sein (schwarze lange Hose, weiße Bluse).
Als es dann losgehen sollte, hatte ich etwas eher Feierabend gemacht, damit mir etwa 80 Minuten für die Verwandlung blieben. Da musste ich mich schon beeilen und es durfte nichts schiefgehen. Das sommerliche Wetter und vielleicht auch die Vorfreude auf das Wochenende hatte viele Frauen an diesem Tag bewogen (mal wieder) Röcke und Kleider anzuziehen. Ich sah auch zwei Bekannte, die sonst nur ganz selten so etwas tragen. Da wollte ich natürlich nicht nachstehen und tauschte kurzfristig die Hose gegen meinen knielangen schwarz-weiß gepunkteten Rock. Dazu passten die weißen Sandaletten sehr gut.
Wieder einmal fast auf die letzte Minute war ich als Andrea fertig und machte mich auf den Weg. Ich war selbst überrascht, als ich mein Ziel beinahe eine halbe Stunde eher als geplant erreichte. Wegen Bauarbeiten wurde mein Zug umgeleitet. Einige Haltestellen fielen dadurch weg, aber genau an meinem Zielort hielt der Zug zusätzlich, was mir einmal Umsteigen ersparte.
Trotz dieses positiven Umstandes hielt sich meine Freude in Grenzen. Immer wieder richtete ich bange Blicke in den Himmel, wo immer mehr Wolken aufzogen. Ich brachte meinen Koffer zunächst ins Hotel und machte noch einen kleinen Spaziergang durch den Ort. Das Hotel befand sich im Ortsteil Kötschenbroda, dessen historischer Dorfanger mit zahlreichen kleinen Läden und gastronomischen Einrichtungen zu einem wahren und sehenswerten Schmuckstück geworden ist.
Auch wenn die meteorologischen Bedingungen ungünstig aussahen, machte ich mich auf den Weg zur Sternwarte. Es waren etwa 30 anstrengende Minuten zu Fuß, weil es fast ständig bergauf ging. Meine Stimmung verbesserte sich aber allmählich, als ich immer mehr Lücken zwischen den Wolken erblickte. Kurz vor meinem Ziel konnte ich bereits den Mond sehen und als ich ankam, wurden gerade die Dächer über den Fernrohren aufgezogen. Jetzt sollte mein langgehegter Wunsch doch in Erfüllung gehen.
Etwa 20 Leute hatten sich an diesem Abend vor der Sternwarte in Radebeul versammelt: Ein sehr gemischtes Publikum, die meisten als Paare, aber auch zwei Familien mit Kindern. Ich war offenbar die einzige Frau, die solo kam. Erstaunt war ich, dass (mit mir) vier Frauen einen Rock trugen. Einen fand ich zwar zusammen mit Leggins und Turnschuhen nicht besonders elegant, aber immerhin, mit einer solch guten Quote hatte ich nicht gerechnet.
Pünktlich um 21.30 Uhr wurden wir hereingelassen. Zuerst gab es eine kurze Einführung, dann aber wurden wir zur Eile gerufen, um noch einen Blick auf die Venus zu richten, die kurze Zeit später unterging. Besonders gut war die Sicht aber nicht, sowohl wegen eines dünnen Wolkenschleiers als auch wegen dem "Flimmern" der Luft in Horizontnähe. Der Saturn bot dagegen mit seinen Ringen und drei seiner größten Monde ein viel imposanteres Bild. Natürlich zeigte auch der Mond reichhaltige Einblicke in seine vielen Krater.
Zwei große Fernrohre wurden auf immer wieder andere Objekte gerichtet und wir durften der Reihe nach durchsehen. Neben Mond und Saturn waren einige Doppel- und Mehrfachsternsystem interessant zu sehen. Wegen des den ganzen Abend verbleibenden dünnen Wolkenschleiers blieben dagegen nebelartige Objekte (z.B. ferne Galaxien) unsichtbar.
Daneben gab es noch zwei kleinere Fernrohre, die von den Besuchern auch selbst auf bestimmte Objekte gerichtet werden konnten. Das ist gar nicht so einfach, da wegen der kopfstehenden Darstellung man bzw. frau immer wieder dazu neigt, in die falsche Richtung zu drehen.
Übrigens ist von der Sternwarte aus nicht nur der Blick nach oben lohnenswert. Auch die andere Richtung auf Radebeul und das Elbtal bis Dresden ist sehenswert. Ein weiteres Fernrohr stand extra für derartige Beobachtungen zur Verfügung.
In den nur spärlich beleuchteten Beobachtungsräumen ist für unsereins das Passing, wenn wir denn einmal dort sind, scheinbar nebensächlich. Eine umso größere Bedeutung gewinnt dann allerdings die Stimme. Da ich aber auch damit bisher keine Probleme hatte, bin ich auch dort nicht sonderlich aufgefallen, zumindest konnte ich keine diesbezügliche Reaktion erkennen.
Ein unschöner Nebeneffekt der ganzen Veranstaltung waren die vielen Mücken, die mit Einbruch der Dunkelheit ihre Opfer suchten. Meinen grünen Blazer, den ich ursprünglich für den Fall dass es kühl werden könnte, mitgenommen hatte, zog ich dann als Mückenschutz an. Die Betreiber der Sternwarte hatten zusätzlich Mückenspray zur Verfügung gestellt, aber viel geholfen hat das alles nicht.
Kurz vor Mitternacht löste sich die Veranstaltung dann allmählich auf. Auch ich verabschiedete mich und war gegen 0.30 Uhr wieder im Hotel. Ich denke, das war bestimmt nicht mein letzter Besuch einer Sternwarte. Zu einer anderen Jahreszeit gibt es andere lohnenswerte Beobachtungsobjekte, vielleicht auch besondere kosmische Ereignisse und hoffentlich keine Mücken.
Viele Grüße
Andrea aus Sachsen
Inga
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 88 im Thema

Beitrag von Inga »

Hallo, andrea,

Danke wollte ich dir sagen für deine schönen Berichte von den vielen Ausflügen.

Ich glaube, der Sternwarte in Radebeul muss wohl so ein höhepunkt gewesen sein.

Gerne lese ich mehr von dir. Mal sehen, wohin es dich bald wieder verschlägt.

Liebe Grüße
Inga
Andrea aus Sachsen
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 89 im Thema

Beitrag von Andrea aus Sachsen »

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20.7.2013
Nachdem der Hauptzweck meiner Reise nach Radebeul mit dem Besuch der Sternwarte am Vortag erfüllt war, hatte ich heute noch die Gelegenheit, mir einige andere Sehenswürdigkeiten der Gegend anzusehen.
Zunächst aber begann der Tag wieder mit dem Schminken im Hotel. Als Outfit wählte ich mein knielanges rot-weißes Sommerkleid, dazu hautfarbene Strumpfhosen, weiße Sandaletten und erstmals die weiße Handtasche, die mir meine Mutter vor wenigen Tagen schenkte.
In dem Hotel übernachtete an diesem Wochenende auch eine Trachtengruppe aus der Schweiz. Die Damen trugen prächtige weite Reifröcke. Zwei davon begegnete ich bereits auf dem Weg zum Frühstück. Mit ihren Röcken benötigte jeden einen Fahrstuhl für sich allein, ich hätte für zwei Etagen aber auch so die Treppe benutzt. Herren waren auch dabei, aber die machten daneben einen eher unscheinbaren Eindruck. Im Laufe des Tages begegnete ich noch mehrmals Paaren aus dieser Gruppe. Näheres über das Trachtenfest konnte ich aber nicht in Erfahrung bringen.
Meinen Koffer deponierte ich wie üblich an der Rezeption. Mein erstes Ziel sollte das Weingutmuseum Hoflößnitz sein. Am Eingang las ich, dass um 14 Uhr eine Führung stattfindet. Die wollte ich gern mitmachen, aber bis dahin waren es noch mehr als 3 Stunden.
Ich fragte trotzdem mal an der Kasse nach. Die Dame dort - sie trug übrigen ein sehr schönes rotes Kleid - erklärte mir, dass jeden Moment eine Gruppe zu einer Sonderführung erwartet wird, der ich mich gern anschließen könne. Und wie abgesprochen, kamen die auch schon zur Tür herein. Die Frau an der Kasse frage vorsichtshalber noch mal nach, ob sie etwas dagegen hätten, wenn "diese Dame" (und wies dabei auf mich) sich der Führung anschließen würde. Nachdem keiner Einspruch erhob, war noch die Bezahlung zu klären, da für die Gruppe einen Pauschalpreis galt zu dem ich etwas dazugeben sollte. Nachdem wir uns gütig geeinigt und die Frau an der Kasse beim Geldwechseln geholfen hatte, konnte es endlich losgehen.
Die Führung soll ganz kurzfristig gebucht worden sein. Dadurch war keinerlei Vorbereitung möglich und das zeigte sich durch etwas Hektik bei einer kleinen Weinprobe zu Beginn der Führung. Der Streifzug durch die Geschichte des Weinbaus war ansonsten nicht uninteressant, bot aber für mich als gelegentliche Weintrinkerin nicht allzu viel Neues. Von der Ausstellung war nur ein Teil zu sehen, da auch hier die Restauratoren noch mächtig am Werken sind. Die Führung schloss mit der Empfehlung, in 2 Jahren noch einmal wiederzukommen, dann soll alles fertig sein.
In kurzen Gesprächen mit der "Chefin" der Gruppe erfuhr ich, dass es ehemalige Schulkamerad(inn)en waren, die sich einmal jährlich treffen und dabei immer irgendeine kulturelle Veranstaltung besuchen. Anmerkungen oder Fragen zu meiner Person gab es wieder einmal nicht.
Es war langsam Zeit, Mittag zu essen. Ich ging wieder zurück auf den historischen Dorfanger von Kötschenbroda. Das sind zwei parallele Straßen, dazwischen ein mit Linden bepflanzter Grünstreifen, und die kleinen alten Häuser an den Außenseiten fast alle bestens restauriert. Ich nahm vor der "Grünen Linde" (siehe Foto http://img.fotocommunity.com/photos/21246150.jpg, aber bei sonnigem Wetter) Platz und bestellte mir etwas zu Essen.
Es hatte sehr gut geschmeckt und danach musste ich schon so langsam wieder an die Heimfahrt denken. Die Zeit reichte noch, um mir die zwei größten Kirchen von Radebeul anzusehen. Bei beiden nutzte ich auch die Möglichkeit, den Kirchturm zu besteigen. Ich erfuhr, dass eine davon, die Friedenskirche, durch die Unterzeichnung des Waffenstillstandes zwischen Sachsen und Schweden eine weltpolitische Bedeutung erlangte. Daran kann sich keiner mehr erinnern? Gut, es ist ja schon über 360 Jahre her.
Zwischendurch ging ich auch mal ein Stück der Elbe entlang, wo noch deutlich Spuren des Hochwassers von vor einigen Wochen zu sehen waren. Kaum vorstellbar: Dort, wo mir damals das Wasser mindestens bis zum Hals gestanden hätte, war es heute so trocken, dass die Wiesen zu verdorren drohen.
Zuletzt holte ich meinen Koffer im Hotel ab und machte mich auf die Heimfahrt.
Viele Grüße
Andrea aus Sachsen
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Re: Andrea – meine Erlebnisse

Post 90 im Thema

Beitrag von Andrea aus Sachsen »

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Ellen hat geschrieben:nicht mein Stil (da hat ja jede `n eigenen) - aber sehr stimmig, Andrea - toll.
Ladylike hat geschrieben:Was bist Du nur für eine feine Lady!!! Du hast eine sehr feminine Ausstrahlung. Der rote Rock und Bluse stehen Dir sehr gut.
marabella68 hat geschrieben:Wirklich sehr schick!!!
marabella68 hat geschrieben:Sehr elegantes Outfit. Du bist zu beneiden.
Kerstin hat geschrieben:Heilig's Blechle, Andrea als Entdeckerin
Ladylike hat geschrieben:Vielen Dank für die schriftstellerischen Leckerbissen Deiner wunderbaren Andrea-Erlebnisse. Dein Outfit ist einfach geschmackvoll und sehr feminin.
Kerstin hat geschrieben:Ich bin immer wieder überrascht, mit welcher selbstverständlichkeit du deine Ausflüge angehst.
bunny-dwt hat geschrieben:"¦ ganz grosses Kompliment auch von mir. Ich finde deine Berichte toll und sehr interessant "¦
P.S. Du sieht toll aus in den Fotos.
Inga hat geschrieben:Danke wollte ich dir sagen für deine schönen Berichte von den vielen Ausflügen.
Ich bin wieder einmal ganz gerührt von all den Komplimenten und netten Kommentaren zu meinen Bildern und Beiträgen. Danke euch allen!
Die nächsten 2½ Wochen wird es von mir nichts Neues geben, denn ich mache erst mal Urlaub. Andrea darf leider nicht mit. Ich nutze aber die Pause, um meine Perücke mal restaurieren zu lassen, insbesondere soll der Fitz im Nackenbereich verschwinden.
Ich weiß nicht, ob ich von irgendwo aus die Gelegenheit habe, mal ins Forum reinzuschauen. Ansonsten hören bzw. lesen wir danach sicher wieder voneinander.
Viele Grüße
Andrea aus Sachsen
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