Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten
Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten - # 4

Exita
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Re: Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten

Post 46 im Thema

Beitrag von Exita »

Hallo Helga
Gottlob hast Du den neuen Kalendar aufgehängt und dieses erwähnt .So kam Dein Beitrag nach Oben und ich konnte alle Akte lesen .
Tolles Kopf-Kino (ap)
Freue mich schon auf die Fortsetzung
LG Exita
Helga
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Re: Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten

Post 47 im Thema

Beitrag von Helga »

Szenenwechsel. Wir befinden uns in einem Besprechungsraum. Außer ihr sind mehrere Personen anwesend.

Sie: "Ich bin eine Frau mit Penis!"

Personalchefin: "Uompf" (unverständlicher oder unterdrückter Ausruf, läuft rot an)

Sie: (fährt unbeirrt fort) "Ich möchte von vornherein klare Verhältnisse schaffen, und statt Gerüchten lieber Fakten in Umlauf setzen" (schaut in die Runde) "Zu meinem beruflichen Werdegang. Ich habe das in Ihrer Stellenausschreibung umrissene Portfolio in den letzten 5 Jahren bei zwei Arbeitgebern in unterschiedlichen Positionen komplett abgedeckt."
(Es folgt eine sehr ausführliche Beschreibung dieser Tätigkeiten und soweit erforderlich der übergeordneten Organisationsstruktur ihrer bisherigen Arbeitgeber. Da dies vertrauliche Informationen sind, möchten wir diese nicht wiedergeben. Es bleibt dem mitwirkenden Publikum überlassen diesen Teil des Bewerbungsgespräches mit Inhalt zu füllen. Ebenso bleibt es der Phantasie des Publikums überlassen, in welcher Branche und für welchen Beruf sie sich gerade bewirbt.)

Sie: (schließt ihren Vortrag ab) "Da ich mich in ungekündigter Anstellung befinde, möchte ich Sie darum bitten diese Informationen vertraulich zu behandeln. Gibt es hierzu von Ihrer Seite Fragen?"

Personalchefin: (hat sich einigermaßen wieder gefangen) "Vielen Dank! Ich gebe in die Runde!"

Frauenbeauftragte: (wirkt etwas verwirrt) "Ich weiß jetzt garnicht, ob ich für Sie zuständig bin?" (mit argwöhnischem Blick) "Welche Toilette werden Sie benutzen?"

Sie: "Lassen Sie sich bitte nicht durch patriarchalische Dogmen irritieren. Ich gehe davon aus, dass Sie Ihre Aufgabe darin sehen, alle zu unterstützen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Zuordnung Nachteile erfahren könnten könnten. Wenn ich zur Toilette gehe, dann tue ich dieses um ein Bedürfnis zu erledigen, nicht um einen großen Auftritt zu haben. Auf der Herrentoilette wäre mir dieser große Auftritt sicher. Und die Sprüche der Kollegen obendrein. Soweit eine genderneutrale Toilette existiert benutze ich diese. Sonst die Damentoilette. Ich denke hierfür werden Sie Verständnis haben."

Behindertenbeauftragter: (offensichtlich neu in dieser Funktion und mit der Situation überfordert, aber sehr bemüht) "Benötigen Sie eine spezielle Ausrüstung am Arbeitsplatz?"

Sie: "Nein. Ich möchte nicht anders behandelt werden als jede und jeder andere. Ich betrachte die Tatsache, dass ich als Frau über einen Penis verfüge auch nicht als Behinderung sondern eher als Bereicherung."

Betriebsrat: "Wir haben in jeder Abteilung eine Handball- Mannschaft, die sich aus der weiblichen Belegschaft rekrutiert und eine Fußballmannschaft in der die Herren spielen. Einmal jährlich gibt es ein großes Turnier, in dem alle Abteilungen gegeneinander antreten." (schaut sie fragend an) "In welcher Mannschaft möchten Sie spielen?"

Sie: "Ich fürchte, dass meine sportlichen Ambitionen weder Hand noch Fuß haben. Ich wäre der Abteilung in keiner der beiden Mannschaften eine Stütze."

Personalchefin: (nachdem sie das Gremium mit kurzen Blicken stumm abgefragt hat) "Gibt es Ihrerseits noch Fragen, Anmerkungen?"

Sie: (leicht unterkühlt) "Ich bin etwas irritiert, dass es im Bewerbungsgespräch nur um mein Geschlecht ging und nicht um meine Qualifikation!"

Personalchefin: "Das tut mit leid. Die Geschäftsführung hat sich kürzlich erfreulicherweise entschlossen eine Frauenquote einzuführen. Wir waren sehr froh darüber, dass die einzige geeignete Bewerbung, die unsere Kriterien nicht nur erfüllte, sondern deutlich übererfüllte von einer Frau kam!"

Sie: "Ich verstehe ihre Zwickmühle. Werde ich auf die Quote angerechnet, könnte dies zu Protesten bei unterlegenen Bewerberinnen führen. Werde ich nicht auf die Quote angerechnet rückt die Erfüllung der Prozentzahl deutlich in die Ferne."

(Schweigen)

Sie: "Sollte ich meine Bewerbung zurückziehen, bis die Geschftsführung sich entschließt eine Transgenderquote einzuführen?"

Vorhang. Ende des neunten Aktes.
Was bin ich?- Zunächst einmal bin ich ein Mensch!
Meistens bin ich ein Mann.
Wenn mir danach ist bin ich eine Frau.
Ich muss mich nicht festlegen.
Dali
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Re: Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten

Post 48 im Thema

Beitrag von Dali »

Hallo Helga. (moin)

Danke, danke, danke.

Ich bin erst jetzt auf dieses Theaterstück gestoßen. (buch)
Danke, dass du es wieder hervorgeholt hast. Danke, dass ich beim Lesen eine Gänsehaut hatte. Danke für deine Bemühungen.
Der Stückeschreiberin gebührt ein ganz großer Applaus. (ap) (ap) (ap)

LG

Dali

PS: ich bin schon so gespannt, wie es weitergeht.
Diva
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Re: Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten

Post 49 im Thema

Beitrag von Diva »

Liebe Helga,

ich vermute, dass du als "Feiertagsfrau" (Bezeichnung aus deinem Profil) in der glücklichen Situation sein dürftest, ein Bewerbungsgespräch als äußerlich erkennbarer Angehöriger der priviligierten Bevölkerung (männlich + weiß + heterosexuell) zu bestehen und dein neuester Akt reines Kopfkino ist.
Dazu kann ich dich nur beglückwünschen, denn zumindest mein Erleben als TS, die keinen eindeutigen äußeren Mann mehr zur Verfügung hat, ähnelt sehr deiner Groteske. Ich habe z.Zt. das zweifelhafte Vergnügen, deinen Theater-Akt als Reality-Show zu absolvieren. Gerne hätte ich meine Erfahrungen gleichermaßen humorig in einem Einakter verpackt, aber leider bleibt mir ob der traurigen Realität selbst der schwarze Humor im Halse bzw. in den Fingern stecken. Da ich hier im öffentlichen Bereich schreibe, will ich nur wenige Details nennen.

Es geht um den Öffentlichen Dienst in einer großen, großen Stadt, den nichttechnischen Verwaltungsbereich. Da braucht es keine Ansage, eine "Frau mit Penis" zu sein. Denn der umsichtige Dienstherr hat darauf geachtet, dass Menschen von meiner Art auf ewig in der Personalakte gebrandmarkt sind. Während es in der Privatwirtschaft möglich ist, durch ein aktuelles Arbeitszeugnis auf den neuen Namen und die Änderung der wichtigsten Zeugnisse der Vergangenheit das Zwangsouting zu vermeiden, ist das im ÖD dank der Personalakte unmöglich. Dort sind fein säuberlich alle alten Unterlagen incl. des beglaubigten Gerichtsbeschlusses zur VÄ / PÄ abgelegt, sodass ein potentieller neuer Arbeitgeber sofort im Bilde ist, was er sich da in sein sauberes Haus holen würde. Jahrelange Diskussionen mit verschiedenen Juristen haben immer das gleiche ergeben: Es gibt keinerlei gesetzliche Verpflichtung für den Dienstherrn, diesen alten Mist zu ändern, denn zum Zeitpunkt der Ausstellung dieser Unterlagen galt ja noch der alte Name, womit freilich alles rechtens ist. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass der Gerichtsbeschluss ebenso Bestandteil der Akte ist. Es gibt demnach keinen juristischen Weg, dieses Zwangsouting zu verhindern - und dass da jemand "Good will" hätte, ist ausgeschlossen, weil sich niemand für eine "Transe " aus dem Fenster lehnen und auf unsicheres Terrain begeben möchte. Juristen sind vorsichtige Menschen und lassen lieber andere crashen als selbst einen erhobenen Zeigegfinger zu kassieren.

Wobei die Personalakte dennoch eine empfindliche Lücke aufweist: Leider wird nicht erfasst, ob diejenige bereits über eine Neovagina (große oder kleine Methode, kombiniert oder klassisch) verfügt oder noch das alte Anhängsl vorhanden ist. Aber da das im Rahmen der Pauschalisierung von "Transfrauen" ohnehin keinerlei Rolle spielt, ist das für den Dienstherrn verschmerzbar.

Auf diese Art zwangsgeoutet werde ich nun ab und an zu Vorstellungsgesprächen geladen, insoweit keine Ablehnung ohne Ansehen der Person erfolgt. Die Runde entspricht in etwa deinem Theater-Akt, mal abgesehen von der Schwerbehindertenvertretung (s.u.): Leiter der Einrichtung nebst rechter Hand, Personalratsvorsitzende(r), Frauenvertretung, Gleichstellungsbeauftragte(r).
Tatsächlich nimmt das Fachliche ungefähr die gleiche Zeit in Anspruch wie das Transspezifische - ob nun direkt oder indirekt. Es ist für mich nicht leicht vermittelbar, weshalb eine nach Aktenlage "überdurchschnittliche" Fachkraft mit Leitungsfunktion ihre Verwaltung in der "Stadt der Vielfalt", die obendrein der "Charta der Vielfalt" beigetreten ist und ein gesondertes "Diversity-Management" besitzt, verlassen will. Ich würde lügen zu behaupten, das freiwillig zu tun. Im Laufe der Jahre bin ich sozusagen "überzeugt" worden, die Behörde zu verlassen. Wenn dann weiter gebohrt wird, muss ich deutlicher werden und andeuten, dass leider in allen Bereichen etliche Leute der Meinung sind, mit meiner geänderten äußeren Identität ein "Problem" haben zu müssen. Ich weise dann auf meine ausgesprochene Dummheit hin, entgegen anderer Trans*Personen die Transition am alten Ort durchzuführen, anstatt zuvor abzutauchen, um dann Jahre später "als Frau" anderswo wieder aufzutauchen. Ich habe nun eingesehen, dass diese Verfahrensweise weitaus schlauer ist und versuche das jetzt nachzuholen.

Die Frauenvertreterin beruhige ich mit den Zusicherungen, weder die Frauenquote in Anspruch zu nehmen noch mein Recht auf Nutzung der Damentoilette geltend zu machen. Stattdessen werde ich in keinen Schutzraum von Cis-Frauen eindringen und ein genderneutrales WC aufsuchen, selbst dann, wenn ein Marsch über mehrerer Etagen quer durchs Gebäude notwendig ist. Tatsächlich könnte die WC-Frage entscheidend sein, denn bislang stieß die Frauenverteterin mit einem wahren Seufzer der Erleichterung aus, dass eine genderneutrale Toilette vorhanden sei. Wehe dem, wenn nicht ...
Selbstverständlich gebe ich keine Auskunft über die Ausformung meiner Geschlechtsteile, wie ich das überhaupt nirgendwo mache, weil es abgesehen von einem potentiellen neuen Partner, den es sowieso nicht geben wird, keinen Menschen etwas angeht. Die Frage wurde übrigens auch noch nie in diesem Rahmen gestellt. Immerhin etwas.

Nun gibt es zwei Szenarien:
Entweder gab es schon in der Vergangenheit den Fall einer Transition. Ich werde dann gleichermaßen eingetütet, wie das damals lief. Lief es schlecht, hab ich Pech und bin draußen. Lief es gut, habe ich eine Chance.

Oder
ich bin die erste meiner Art und selbstverständlich kann niemand der Anwesenden in die Glaskugel schauen, ob nicht doch der ein oder andere Mensch der Stammbelegschaft meint, mit mir ein "Problem" haben zu müssen. In diesem Fall muss Rücksicht auf die Ruhe und Beschaulichkeit, sozusagen auf den Hausfrieden, genommen werden. Niemand kann Unruhe gebrauchen und meine Person birgt definitiv das Risiko, Unruhe auszulösen.
Niemand der Anwesenden kommt auf die Idee, vielleicht mal zu sagen, dass es vollkommen gleichgültig ist, in welcher geschlechtlichen Identität jemand lebt - erst recht auf Arbeit, wo von allen Professionalität verlangt wird. Doch offenbar umfasst diese Professionalität eben nicht, mit einem Menschen zusammenzuarbeiten, der in einem Geschlecht lebt, in dem er nicht geboren wurde. Darauf kommt noch nicht einmal ein Gleichstellungsbeauftragter! Übrigens war der Schwerpunkt der für mich zuständigen "Genderauftragten" bei der Begegnung mit einem transidenten Menschen herauszufinden, ob dieser nun eher einer Frau oder einem Mann ähneln würde ...

In meinen Augen eine Schande für den ÖD. Auf diese Art kann ich noch jahrelang von einem Gespräch zum nächsten wandern, weil sich kaum jemand freiwillig etwas ins Haus holt, mit dem er nichts zu schaffen haben will. Regenbogenfahne und Vielfalts-Gefasel sind nichts wert, solange diese Ideen nicht auch in den Verwaltungen umgesetzt werden. Und das scheint in den beiden Bundesländern, in denen ich unterwegs bin, noch gaaanz weit weg zu sein ...

Liebe Helga, du musst jetzt aber aus deinem Theaterstück keine Tragödie machen. Die würde ohnehin nicht an die Realität heranreichen.

Helga hat geschrieben: Sa 1. Jan 2022, 23:53 Behindertenbeauftragter: (offensichtlich neu in dieser Funktion und mit der Situation überfordert, aber sehr bemüht) "Benötigen Sie eine spezielle Ausrüstung am Arbeitsplatz?"
Da du an Hinweisen von "Zuschauer*innen" interessiert bist:
Nach meiner Erfahrung ist eine "Schwerbehindertenvertretung" (so heißt das nach meiner Kenntnis in Anlehnung an den "Schwerbehindertenausweis") einzig anwesend, wenn es auch jemanden zu vertreten gibt. Ich habe keine Info darüber gefunden, dass deine Prota behindert ist. Insoweit dürfte auch keine Schwerbehindertenvertretung anwesend sein. Es sei denn, du wertest in deinem Stück die Transidentität als Behinderung und bist der Zeit ein wenig voraus (ICD12) ...
Helga
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Re: Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten

Post 50 im Thema

Beitrag von Helga »

Diva hat geschrieben: So 2. Jan 2022, 18:11 Liebe Helga, du musst jetzt aber aus deinem Theaterstück keine Tragödie machen. Die würde ohnehin nicht an die Realität heranreichen.
Liebe Diva,
vielen Dank für diesen tiefen Einblick in eine Realität, die ich mir so nicht ausmalen wollte. Wie ich sehe nimmt die Wirklichkeit mal wieder groteskere Formen an, als die Satire sich dies jemals vorstellen konnte.
Ich werde mir Mühe geben den nächsten Akt etwas weiter in der Fiktion anzusiedeln.
Liebe Grüße
Helga
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Re: Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten

Post 51 im Thema

Beitrag von chrisvomsee »

Liebe Helga,

ich habe Dein Theater gerade erst entdeckt und mir gleich komplett reingezogen.
Und ich bin sowas von "geflashed"
Du hast ja schon absolut zurecht viel Beifall bekommen und da möchte ich mich einfach anschließen mit meiner "Standing ovation"

(ap)

einfach suuuper !!

Grüße vom Bodensee,
chris
Ich will so sein, so wie ich bin, mal Mann, mal Frau, gern zwischendrin.
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Re: Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater viertel nach fünfter Akt

Post 52 im Thema

Beitrag von chrisvomsee »

....Und jetzt habe ich extra nochmal mein Laptop hochgefahren weil mir diese Ansage des Pfarrers durch den Kopf ging.

Ich bin derzeit gerade am überlegen ob ich austrete aus der Kirche.
Wenn ja, dann lege ich diese Aussage aus Deinem Theaterstück meinem Austrittschreiben bei, und schreibe noch dazu:

"Wenn unser Pfarrer einmal solche Worte findet, dann komme ich vielleicht wieder....
Helga hat geschrieben: Sa 16. Jan 2021, 23:36
Pfarrer: „Gott hat diese Erde nicht erschaffen, damit die Menschheit bis in alle Ewigkeit das Getreide zwischen Steinen zermalmt, Nachrichten in Steinplatten meißelt, auf Kamelen reitet und in Lehmhütten haust. Genauso wie der Mensch die Technologie, die Kommunikation, die Mobilität und die Architektur weiterentwickeln sollte, war es Gottes Wille, dass auch der Mensch selbst sich weiterentwickeln würde. So ist es auch geschehen. Ein Schriftgelehrter oder weiser Mann aus den Zeiten Jesu wäre heute jedem Abiturienten intellektuell weit unterlegen. Mit den Zeiten des Marathonläufers von 490 v. Chr. sind heutzutage keine Platzierungen mehr erreichbar. Die durchschnittliche Lebenserwartung des Menschen ist allein in den letzten 200 Jahren um mehr als 30 Jahre angestiegen. Es ist Gottes Wille, dass der Mensch immer wieder über sich hinauswächst und dabei scheinbare Grenzen überwindet. Da ist es völlig folgerichtig, dass der Mensch auch beginnt die Geschlechtergrenzen zu überschreiten. Du bist eine der Auserwählten, deren Aufgabe darin besteht die Menschheit langsam auf diese Weiterentwicklung vorzubereiten."
LG Chris
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Re: Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten

Post 53 im Thema

Beitrag von Claudia-67 »

Hallo Diva,
Diva hat geschrieben: So 2. Jan 2022, 18:11 Es geht um den Öffentlichen Dienst in einer großen, großen Stadt, den nichttechnischen Verwaltungsbereich. Da braucht es keine Ansage, eine "Frau mit Penis" zu sein. Denn der umsichtige Dienstherr hat darauf geachtet, dass Menschen von meiner Art auf ewig in der Personalakte gebrandmarkt sind. Während es in der Privatwirtschaft möglich ist, durch ein aktuelles Arbeitszeugnis auf den neuen Namen und die Änderung der wichtigsten Zeugnisse der Vergangenheit das Zwangsouting zu vermeiden, ist das im ÖD dank der Personalakte unmöglich. Dort sind fein säuberlich alle alten Unterlagen incl. des beglaubigten Gerichtsbeschlusses zur VÄ / PÄ abgelegt, sodass ein potentieller neuer Arbeitgeber sofort im Bilde ist, was er sich da in sein sauberes Haus holen würde. Jahrelange Diskussionen mit verschiedenen Juristen haben immer das gleiche ergeben: Es gibt keinerlei gesetzliche Verpflichtung für den Dienstherrn, diesen alten Mist zu ändern, denn zum Zeitpunkt der Ausstellung dieser Unterlagen galt ja noch der alte Name, womit freilich alles rechtens ist. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass der Gerichtsbeschluss ebenso Bestandteil der Akte ist. Es gibt demnach keinen juristischen Weg, dieses Zwangsouting zu verhindern - und dass da jemand "Good will" hätte, ist ausgeschlossen, weil sich niemand für eine "Transe " aus dem Fenster lehnen und auf unsicheres Terrain begeben möchte. Juristen sind vorsichtige Menschen und lassen lieber andere crashen als selbst einen erhobenen Zeigegfinger zu kassieren.
das kann doch nicht wahr sein, oder? Wie ist das mit dem Offenbarungsverbot aus dem TSG zu vereinbaren?
Wer führt denn diese Akte? Da haben dann andere Behörden drauf Zugriff?
Einfach nur peinlich. Aber Behörden sind halt etwas speziell.

Da bin ich froh freiberuflich zu arbeiten. Kein Problem mit dem Outing und die Branche ist da auch recht tolerant.

LG
Claudia
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Re: Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten

Post 54 im Thema

Beitrag von Karla »

Liebe Diva,
auch Dir wünsche ich von Herzen, daß Du irgendwo beruflich wieder Fuß fassen kannst und privat Dein Glück findest.

Wenn frau so richtig gründlich fertiggemacht worden ist, ist das Aufstehen schwer!
Es gibt aber auch Erfolgsbilanzen:

Lynn Conway - mit einem Mann verheiratet, auch nach dem coming-out zunächst gefeuert
zunächst stealth, ab 1999 Transgender-Aktivistin
https://en.wikipedia.org/wiki/Lynn_Conway
Gestern ist Sie 84 Jahre alt geworden! (super) (birthd)

Elisabeth Landsteiner
...

Uns allen wünsche ich ein besseres neues Jahr!

LG Elly
Ein Leben ohne Möps(chen) ist möglich, aber sinnlos. (frei nach Loriot)
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Re: Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten

Post 55 im Thema

Beitrag von Céline »

Also zuerst einmal Gratulation und Danke Helga.
Ich genieße es Dein Stück zu lesen und im Kopf wirken zu lassen.
Es ist ein Stück desen Akte zum Teil das wahre Leben und tatsächliche Situationen darstellt und beim richtigen Lesen erkennt man das Selbstbewusstsein der Akteurin. Es ist genau dieses Selbstbewusstsein das im täglichen Leben wichtig, ein Selbstbewusstsein und Auftreten das genau das Wichtige wäre. Diese Eigenschaften zu " trainieren und zu lernen " wären wesentlich wichtiger als Kleider oder perfektes Passing.
Und wenn ich Dein Stück lese dann sehe ich viele Facetten meines Weges. Der Erfolg? Ich habe ihn. Hinter Irgendwelchen Dingen verstecken und über alles jammern und Schuldzuweisungen verteilen...Nein
Deswegen gefällt mir Dein Stück, weiter so.
Liebe Grüße
Céline
"Sprache und Worte können mich nicht verletzten...nur der Mensch und seine Absicht dahinter"
C.B.
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Eine Frau mit Penis- Zehnter Akt Prolog

Post 56 im Thema

Beitrag von Helga »

Um der tatsächlichen Lebenswirklichkeit von Forumsmitgliedern nicht wieder zu nahe zu kommen, lassen wir unsere Protagonistin eine Reise unternehmen. Diese Reise versetzt sie sowohl räumlich, als auch zeitlich in eine andere Realität, die gesellschaftlich, politisch und rechtlich unter völlig anderen Vorzeichen stand.
Die Handlung spielt auf einem englischen Landsitz im Spätherbst des Jahres 1930.
Es bleibt dem Zuschauer überlassen sich auszumalen, wie sie dorthin gelangt sein könnte.
Dieser Akt stellt eine besondere Herausforderung an Bühnenbild, Ausstattung, Kostüme, Maske dar. Hier bieten Verfilmungen von Agatha Christie, Serien wie Downtow Abbey, oder Filme nach Vorlagen von D.H. Lawrence gute Anregungen.
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Eine Frau mit Penis- Zehnter Akt erste Szene

Post 57 im Thema

Beitrag von Helga »

Der erste Gang des Dinners ist soeben aufgetragen worden.

Sie: „Ich bin eine Frau mit Penis!"

Major Kensington: (sinnierend) „Das erinnert mich an meine Dienstzeit in Ostasien!" (Grinsend) "Ein dankbares Völkchen, dass nie schwanger wurde!"

Lord Cunningham: (verächtlich) „Eine Frau mit Penis! Was soll das? Hier fehlt doch das wichtigste Teil! Können Sie den wenigstens kochen?“

Lady Macallister: (an Lord Cunningham gewandt) „Mortimer, es ist hinlänglich bekannt, dass Sie Frauen lediglich als Objekte betrachten, deren Aufgabe es ist Ihre niederen Bedürfnisse zu befriedigen. Aber lassen Sie sich gesagt sein: Frauen haben nicht nur eine Vagina, sie haben auch einen Kopf. Ich möchte Sie daran erinnern, dass das Empire seine größte Bedeutung unter der Regentschaft von Queen Victoria erreicht hat!"

Lord Cunningham: (an Lady Macallister gewandt) „Liebe Amelia, es ist ebenso hinlänglich bekannt, dass auch Sie eine Vorliebe für die weibliche Vagina hegen!" (leckt sich demonstrativ über die Lippen) „Wenn Britannia nicht so lange Zeit von Victoria mit Rücksicht auf ihre Verwandten klein gehalten worden wäre, hätte das Empire heute die doppelte Größe! Ich sicher: Eine Königin wird es zu meinen Lebzeiten nicht wieder geben!"

Lady Worthington: (an die Gastgeberin gewandt, im etwas verkrampften Versuch die Situation aufzulockern) „Liebe Rebecca, was für eine amüsante Idee einen Damenimitator einzuladen. Ich bin schon sehr gespannt auf die Vorführung!"

Sie: (an Lady Worthington) „Ich muss doch sehr bitten Mylady! Ich habe nicht die Absicht mehr zu Ihrer Unterhaltung beizutragen, als dies im Rahmen einer gepflegten Konversation üblich ist. Lady Witherspoon war so freundlich mich hierher einzuladen, da ich kürzlich das Anwesen von Lord Remington bezogen habe!"

Major Kensington: „Das Anwesen der Remingtons! Ein riesiger Kasten mit vielen Zimmern. Darf man erfahren, was Sie damit vorhaben? Eine Familiengründung dürfte ja wohl nicht anstehen!"
Sie: (die Spitzen geflissentlich überhörend) "Ich bin im Auftrag einer Stiftung hier, die beabsichtigt einen Zufluchtsort für gefallene Mädchen, mittellose Künstler und allgemein für Menschen zu schaffen, die aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden!"

Lord Cunningham: „Was für eine vornehme Ausdrucksweise! Warum sagen Sie nicht gleich, dass Sie beabsichtigen dort ein Bordell zu eröffnen?“

Sie: (springt auf) „Das ist ungeheuerlich, was fällt Ihnen ein? Würde ich mich heute als Mann definieren, müsste ich jetzt Satisfaktion verlangen! Ich erwäge ernsthaft mir eine Hose auszuborgen, um diese Beleidigung aus der Welt zu schaffen!“ (setzt sich wieder) „Wobei, nach allem, was erzählt wird haben Sie nach der letzten Duellforderung fluchtartig das Königreich verlassen und sind erst wieder aufgetaucht als der versetzte Duellant durch die unsachgemäße Benutzung eines elektrischen Vakuum- Reinigungsgerätes in der Badewanne das Zeitliche gesegnet hatte. Seitdem riskieren Sie gegenüber Männern nicht mehr so eine dicke Lippe!“

Lady Macallister: „Durch Mortimers schmissiges Gesicht lassen Viele einschüchtern. Dabei hat er sich diese Verletzungen beim Sturz in eine Fensterscheibe zugezogen. Nicht auf der Flucht vor einem gehörnten Ehemann, wie er dann gerne behauptet, sondern weil er im volltrunkenen Zustand die Ausgangstür des Pubs nicht mehr gefunden hat!“

Lady Worthingten (im erneuten verzweifelten Versuch die Situation zu deeskalieren) „Reverend, was sagen Sie zu alledem?“

Reverend Armbruster: „Wenn Gott gewollt hätte, dass Frauen Penisse bekommen, dann hätte er Ihnen auch Bärte wachsen lassen!“

Sie: (leicht sarkastisch) „Reverend, bitte glauben Sie mir, wenn ich mich nicht mehrmals täglich gründlich rasieren würde, hätte ich einen Bart, der sehr dicht an das prächtige Exemplar unseres belgischen Tischgenossen herankommen würde! In diesem Punkt bin ich mit Gott ganz auf einer Linie!“

Lady Worthington: (mehr zu sich selbst) „Wie wahr, wie wahr...!“

Henry Pivot: „Madame, ich danke Ihnen für Ihr bezauberndes Kompliment, verstehe allerdings nicht, warum mich alle für einen Belgier halten. Ich bin naturellement Franzose!“

Lord Cunningham: „Vermutlich aufgrund der frappierenden Ähnlichkeit mit dem Manneken- Piss!“

Henry Pivot: (Nachdem die halbe Gesellschaft in Schockstarre gefallen ist, mit sehr ernstem Gesicht) „Lord Cunnungham, ich möchte Ihnen dringend empfehlen die Menschen nicht aufgrund ihres Geschlechtes oder ihrer Körpergröße falsch einzuschätzen. Sie haben sich heute Abend bereits mit zwei bezaubernden Damen angelegt, die Ihnen sowohl intellektuell als auch körperlich weit überlegen sind. Eine von ihnen war vor vier Jahren schottische Meisterin im Kugelstoßen, die andere hat auf dem Kontinent mehrfach ihre Zielsicherheit mit dem Langbogen unter Beweis gestellt. Ich selbst habe einen Titel als Vizemeister im Florett- Kampf erlangt. Das ist zugegebenermaßen bereits 20 Jahre her, ich darf Ihnen aber versichern, dass ich nichts verlernt habe!“ (mit mildem Lächeln) „Ich würde daher vorschlagen, dass Sie sich sowohl bei den Damen als auch bei mir entschuldigen, damit wir uns wieder dieser wirklich ausgezeichneten Bouillabaisse widmen können!“

Lord Cunningham: (nach einer sehr langen Phase unerträglicher Stille im Raum, sehr kleinlaut und noch leiser) „Ich bitte um Entschuldigung!“

Henry Pivot: „Dieses stimmlose Gestammel ist zwar eigentlich des Mannes, der Sie zu sein vorgeben nicht würdig, das Einverständnis der Damen vorausgesetzt“ (er blickt auf, beide nicken) akzeptieren wir Ihre Entschuldigung!“

Schweigend löffelt die Abendgesellschaft ihre Suppe, wobei einigen sichtlich der Appetit vergangen ist.
Plötzlich geht das ohnehin recht fahle elektrische Licht aus. Klirrendes Geschirr ist zu hören.

Lady Witherspoon: (im dunkel an die Tafel gerichtet) „Bitte keine Aufregung. Das kommt bei uns leider des Öfteren vor!“ (in Richtung Tür) „James, sehen Sie bitte nach den Sicherungen!“ (wieder an die Tafel) „Es ist mir völlig unverständlich, warum in die elektrischen Leitungen dünne Drähte eingesetzt werden, die bei Belastung einfach schmelzen. Ich werde Anweisung geben dort in Zukunft haltbareres Material einzusetzen. Vielleicht lassen sich die silbernen Serviettenringe meiner Schwiegermutter hierfür umarbeiten!“

Nach wenigen Minuten geht das Licht wieder an. Die Gesellschaft blickt erleichtert um sich und möchte sich wieder der Suppe widmen, die mittlerweile ziemlich kalt geworden ist. Allerdings fällt unangenehm auf, dass Lord Cunningham sich in völlig unangemessener Weise mit der Suppe beschäftigt, indem er sein ganzes Gesicht hineintaucht. Aus seinem Rücken ragt ein Messergriff auf. Ein erstickter Aufschrei ist zu hören.

Henry Pivot: „Bitte bewahren Sie Ruhe und bleiben Sie auf Ihren Plätzen!“(energisch) „Niemand verlässt den Raum!“

Ende der ersten Szene
Tina-K.
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Re: Eine Frau mit Penis- Zehnter Akt erste Szene

Post 58 im Thema

Beitrag von Tina-K. »

Helga hat geschrieben: Fr 4. Feb 2022, 20:17
Henry Pivot: „Bitte bewahren Sie Ruhe und bleiben Sie auf Ihren Plätzen!“(energisch) „Niemand verlässt den Raum!“

Ende der ersten Szene
Liebe Helga
Ich vermute mal, in Anlehnung an Hercule Poirot (smili) ... war ja auch ein Belgier.

Ich hab mir Dein Theaterstück in einem Ruck ( mit kurzer Pause ) durchgelesen.

Wahninn (fwe3) (888)

Und ein Riesen-Kompliment für Dein Talent.
Danke

elgetina ))):s
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Eine Frau mit Penis- Zehnter Akt zweite Szene

Post 59 im Thema

Beitrag von Helga »

Lady Witherspoon: „Oh Gott, wie furchtbar! Sie denken doch nicht, dass jemand aus der Runde Hand an Mortimer gelegt haben könnte?“

Henri Pivot: „Mylady, den Glauben überlassen wir lieber der Kirche. Wir halten uns an Fakten. Fakt ist, dass ein Mensch tot ist und dass offensichtlich die Hand eines anderen Menschen im Spiel war. Es ist zwar möglich, dass sich in der Dunkelheit jemand von außerhalb eingeschlichen hat, genauso gut kann es aber jemand aus der Abendgesellschaft gewesen sein.“

Sie: „Mit Verlaub mein Monsieur Pivot, auch wenn dem guten Mortimer vermutlich niemand eine Träne nachweint, ist ja noch gar nicht gutachterlich festgestellt, dass er wirklich verschieden ist. In unserer Runde ist ein fähiger junger Arzt aus den Kolonien. Als Gebot der Menschlichkeit sollten wir im Zweifel alles daran setzen ihn bei den Lebenden zu behalten!“


Henri Pivot: „Selbstverständlich! Doktor, darf ich Sie bitten?“

Dr Puschirasi: (begibt sich zur mutmaßlichen Leiche, fühlt den Puls, zieht ein Stethoskop aus der Tasche. Horcht ihn an verschiedenen Stellen des Körpers ab) „Ich kann kein Lebenszeichen feststellen. Seine Lordschaft ist tot!“

Henri Pivot: (in Richtung Tür) „James, darf ich Sie bitten? Soweit dieses gastliche Haus über einen Telefonapparat verfügt, rufen Sie bitte die Polizei an. Da die örtliche Gendarmerie mit dem Fall überfordert sein dürfte, möge sich der Diensthabende bitte gleich mit Scotland Yard in Verbindung setzen!“

James: (zieht sich mit einer Verbeugung zurück, erscheint jedoch nach weniger als einer halben Minute wieder im Speisezimmer) „Sir, ich bedaure. Die Umstände, die zum Ausfall der Sicherungen geführt haben, haben anscheinend auch das Telefon außer Funktion gesetzt!“

Henri Pivot: „Bringen Sie bitte meinen Chauffeur hierher!“

Gustave (erscheint in der Tür, schlägt die Hacken zusammen) „A votre service!“

Henri Pivot: „Allez vite...“ (es folgt eine sehr schnell geführte Konversation in französisch, der zu folgen auch mit dem besten Schulfranzösich leider nicht möglich ist. Selbstverständlich steht es dem sprachbegabten Publikum frei an dieser Stelle einige Sätze zu ergänzen. Den anderen zum Trost: Der Inhalt der Konversation ist für den Fortgang der Szene nicht von Belang)

Henry Pivot: (an die fragend blickende Runde) „Ich habe ihm aufgetragen zur nächsten Polizeidienststelle zu fahren und die Beamten hierher zu holen.“ (an James gewandt) „Was denken Sie, wann wird die Polizei hier sein?“

James: „Nicht vor einer Stunde, die Polizeidienststelle ist 20 Meilen entfernt.“

Henri Pivot: „Wir sollten die Zeit sinnvoll nutzen und mit den Ermittlungen beginnen!“ (beginnt die Leiche zu untersuchen, ohne sie zu berühren. Zum Öffnen von Taschen, Anheben von Kleidungsstücken etc. benutzt er etwas pietätlos ein Fischmesser. Bei Betrachtung des Messergriffs im Rücken des Opfers wird er aufmerksam und wendet sich wieder an die Gesellschaft) „Bei dem Messer handelt es sich offensichtlich um eines der Steakmesser, die an der Tafel für den übernächsten Gang bereitgelegt wurden!“

Lady Worthington: „Wie aufregend. Dann müssen wir nur schauen, wo das Messer fehlt, und haben den Mörder gefunden!“

Henri Pivot: „Ein guter Gedanke Madame. Leider fehlt das Messer im Gedeck von Lord Cunningham selbst. Er ist derzeit leider der Einzige, der für diese Tat mit einiger Sicherheit nicht in Frage kommt.“

Major Kensington: (an Dr. Puschirasi gewandt) „Doktor, braucht es nicht einiges an Kraft, um ein Messer so tief in einen menschlichen Körper zu stoßen?“

Dr Puschirasi: (betrachtet sein eigenes Steakmesser) „Allerdings, zumal das Messer zwar scharf, aber nicht besonders spitz ist.“
Major Kensington: „Denken Sie, dass eine Frau diese Kraft aufbringen könnte?“

Dr. Puschirasi: „Ich möchte behaupten, dass eine Frau für diese Tat nicht begangen haben kann!“

Major Kensington: "Hat Lord Cunningham nicht vor wenigen Minuten zwei Männer zutiefst beleidigt?"

Sie: (während aller Blicke auf Sie gerichtet sind) „Meine Herren, Ihre Angewohnheit die Frauen zu unterschätzen wird Sie womöglich irgendwann lieb gewonnene Körperteile kosten. Vor dem Essen hat Lord Cunningham uns mit schlechten Sprüchen unterhalten und die Luft mit dem Qualm noch schlechterer Zigarren mittelamerikanischer Herkunft vernebelt. Aus diesem Grunde wurde direkt neben ihm ein schwerer kristallener Aschenbecher positioniert. Wer auch immer das Bedürfnis hatte den guten Mortimer auf diese Weise zu penetrieren, kann hierfür durchaus einen schweren Gegenstand als Hammer- Ersatz benutzt haben, um fehlende Körperkraft zu kompensieren! Bereits unsere frühesten Vorfahren waren, obwohl sie noch auf Bäumen schliefen, der Benutzung von Steinen als Werkzeug kundig!"

Henry Pivot: "Ein völlig richtiger Gedanke Madame, leider enthält der Aschenbecher noch immer die übelriechenden Reste seiner Havanna! Wäre hiermit zugeschlagen worden hätte sich die Asche im halben Raum verteilt"

Lady Worthington: (verwirrt) „Wer also hat Lord Cunningham erstochen?"

Sie: (nimmt ihr Steakmesser zur Hand, betrachtet es) „Mit Verlaub Mylady. Er wurde nicht erstochen!" (ungläubige Blicke) „Meine Kenntnisse der menschlichen Anatomie sind zwar beschränkt, dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass diese Messerklinge in der Lage ist innerhalb von Sekundenbruchteilen den Tod herbeizuführen, ohne dass seine Lordschaft die Chance gehabt hätte sein Missfallen darüber Kund zu tun, und sei es nur in Form eines Stöhnen oder Röchelns!"

Henry Pivot: "Was denken Sie Madame?"

Sie: „Lord Cunningham hat sich so viel Pomade oder anderes klebriges Material in seiner Haarpracht verteilt, dass er glänzt wie ein frisch gewichster Militärstiefel. Auf seinem Hinterkopf, den er uns hier direkt präsentiert ist jedoch ein matter, staubiger Streifen erkennbar, als ob er auf einem dreckigen Fußboden gelegen hätte, was mutmaßlich häufiger vorgekommen sein mag. Davon ausgehend, dass er sich trotz seiner Hingabe zum Whisky vor dem Dinner frisiert hat, dürfte dieser Streifen für seine Ohnmacht verantwortlich sein und somit von einem Gegenstand aus diesem Raum stammen. Ein harter Schlag, Lord Cunningham wird bewusstlos, fällt mit dem Kopf in den Teller und erstickt an der Suppe. Die eigentliche Mordwaffe war die Bouillabaisse!"
(entsetztes Raunen in der Dinner- Gesellschaft)

Sie: „Im Gegenzug dürfte die Pomade Spuren auf besagtem Gegenstand hinterlassen haben!“

Henri Pivot: (wieder die Führung ergreifend) „James, bringen Sie mir bitte eine Tasse feinstes Weizenmehl!“

(An der Wand hinter dem Sitzplatz von Lord Cunningham sind diverse Gegenstände ausgestellt, die aus fremden Kulturkreisen stammen.)

Henri Pivot: „Sehen Sie diesen gelblichen Elefantenstosszahn, ein ideales Schlagwerkzeug. Jedoch ist er, wie alle Dinge an dieser Wand stark verstaubt. Die Staubschicht ist gleichmäßig und deutet nicht darauf hin, dass er in den letzten 5 Jahren berührt worden wäre!“

Lady Witherspoon: „Bitte entschuldigen Sie. Diese Sammlung war das Heiligtum meines verstorbenen Percy. Niemand von den Dienstboten durfte die Gegenstände berühren. Daran halten sie sich auch noch 6 Jahre nach seinem Tod!“

Henri Pivot: „Eine Menge dieser Dinge würden als Schlagwerkzeug in Frage kommen: Die Steinaxt, das Didgeridoo, die Götzenstatue, aber alle können das Alibi einer sechs Jahre dicken Staubschicht aufweisen!“ (seine Blicke schweifen über die Wand) „Bis auf dieses!“ (er weist auf einen etwa 40 cm langen Gegenstand aus Bronze, der geformt ist wie ein flaches V. Pikanterweise sieht jedes Ende des Gegenstandes aus wie ein Penis)

Lady Worthington: „Was in aller Welt ist das?“

Lady Witherspoon: „Das hat Percy 1908 aus China mitgebracht. Ich kann Ihnen leider nicht sagen wofür es dient.“

Sie: (tritt interessiert näher) „Das kann ich aufklären! Hervorragende Handwerksarbeit eines begabten Bronzegießers!“ (an Lady Witherspoon) „Dies ist ein Werkzeug einer streng patriarchalischen Gesellschaft. Wenn ein König einem anderen König seine Tochter zur Frau überließ, dann sollte diese ihrem frisch gebackenen Ehemann in jeder Hinsicht zu Diensten sein. Dies beinhaltete insbesondere alle seine leiblichen Wünsche, welcher Natur auch immer zu erfüllen. Hierfür waren gewisse Vorkenntnisse und Erfahrungen durchaus von Vorteil. Anders als bei den männlichen Nachkommen wäre es jedoch vollkommen unvorstellbar gewesen, dass sie diese Erfahrungen mit der Unterstützung eines anderen Mannes sammelt. Dieses Werkzeug aber versetzte sie in die Lage diese entsprechenden Erfahrungen mit einer Haremsdame zu machen!“ (da Lady Worthington sie ungläubig ansieht) „Das Werkzeug, von dem mir nicht bekannt ist, ob es einen wissenschaftlichen Namen trägt, ermöglicht zwei Frauen penetrierenden Sexualverkehr miteinander zu haben!“ (Lady Macallister bekommt einen hochroten Kopf und dreht sich schnell um)

Henri Pivot: „Aktuell schein es jedoch anderen Zwecken gedient zu haben. Es ist in großen Teilen von Staub befreit. (an Sie gewandt) „Pardon, treten Sie bitte ein wenig zur Seite!“ (Er hält die Tasse mit Mehl vor den Gegenstand und bläst vorsichtig hinein. Das ausgeblasene Mehl setzt sich teilweise auf dem Bronzegegenstand ab) „Voila, der Kopfabdruck von Lord Cunningham. Damit ist klar, welcher Gegenstand ihn in Ohnmacht versetzt hat. Leider ist noch unklar welche Hand den Schlag geführt hat!“

Major Kensington: „Ganz klar die Waffe einer Frau!“ (an Pivot) „Hat er nicht heute Abend zwei Frauen zutiefst beleidigt?“

Sie: „Major, ich finde es sehr befremdlich, dass Sie mich mal zu der Gruppe der Männer, mal zu den Frauen zählen. Je nachdem wie es Ihnen besser in Ihre dilettantischen Anschuldigungen passt. Wer auch immer diesen Gegenstand gegen Lord Cunningham geführt hat, wird kaum Berührungsängste wegen der Ähnlichkeit zu Körperteilen verspürt haben, die meistens im Verborgenen bleiben!“

Henri Pivot: „So kommen wir nicht weiter!“ (tritt ein Stück zurück) „Zwei potentiell tödliche Waffen. Aber die eigentliche Todesursache ist eine harmlose und wohlschmeckende Bouillabaisse. Niemand von uns hat ihn schreien oder auch nur stöhnen gehört. Das Messer muss ihm in den Rücken gerammt worden sein, nachdem der Schlag die Bewusstlosigkeit herbeigeführt hatte. Wozu? Niemand kann zwei Tode sterben?“

Dr. Puschirasi: „Ein Mensch mit einem Schädeltrauma könnte je nach Schlagkraft und körperlichem Befinden eventuell wieder zu Bewusstsein kommen. Das zusätzliche Messer im Rücken verringert diese Eventualität extrem. Für den Mörder stellt dies eine zusätzliche Sicherheit dar.“

Henri Pivot: „Das leuchtet ein, bringt uns im Moment aber nicht weiter. Wir brauen einen neuen Ansatz. Was wissen wir über Lord Cunningham?“

Lady Witherspoon: „Er war mein Neffe.“

Lady Macallister: „Er hatte einen üblen Ruf als Schürzenjäger, hatte ein Alkoholproblem, die teure Schulausbildung konnte er dank seines begrenzten Intellektes gut verleugnen und war ständig knapp bei Kasse!“

Henri Pivot: „Das alles ist gottlob noch kein Grund für einen Mord, sonst müssten wir uns um den britischen Adel ernsthaft Sorgen machen!“

Major Kensington: (leicht sarkastisch) „Vielleicht sollten Sie diejenige verhören, die die Mordwaffe geschmiedet hat. Die Köchin!“

(in dem Moment ist von der Tür ein Schreckensschrei zu hören. Eine Frau sackt in sich zusammen)

Ende der zweiten Szene
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Re: Eine Frau mit Penis- Zehnter Akt dritte Szene

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Beitrag von Helga »

Henri Pivot: (an Lady Witherspoon) „Wer ist diese Frau?“

Lady Witherspoon: „Margret unsere Köchin!“

(Dr. Puschirasi und Reverend Armbruster eilen der Köchin Hilfe und helfen ihr wieder auf die Beine)

Henri Pivot: „Der Tod Lord Cunninghams scheint Sie sehr mitgenommen zu haben!“

Margret: (hat sich wieder einigermaßen gefangen) „Ganz und gar nicht!“ (mit Blick auf Major Kensington) „Meine Suppe ist noch nie als Mordwaffe bezeichnet worden!“

Major Kensington: (hochrot) „Verzeihen Sie Madame, aber nach allem, was wir erkennen können ist er an der Suppe erstickt!“

Henri Pivot: „Und dieses Ersticken ist absichtlich herbeigeführt worden!“ (einer Eingebung folgend) „Kannten Sie Lord Cunningham?“

Margret: „Ich kannte Mr Mortimer seit ich mit 14 Jahren in diesem Hause als Küchenmädchen angefangen habe. Er war nur wenige Jahre älter als ich und regelmäßig in den Ferien zu Besuch!“

Henri Pivot: „Hat er sich Ihnen oder einem anderen Mitglied der Dienstbotenschaft jemals unsittlich genähert?“

(Margret schaut fragend ihre Arbeitgeberin an)

Lady Witherspoon: „Sprechen Sie bitte frei heraus. Mortimers Ruf wird es nicht mehr schaden, vielleicht hilft es aber seinen Tod aufzuklären!“

Margret: „Es ist Gang und Gäbe, dass die jungen Herren ihre ersten sexuellen Erfahrungen mit dem weiblichen Hauspersonal machen, auch wenn ungerne darüber geredet wird. Das ist der Preis, den ein Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen bereit sein muss zu zahlen, dafür, dass sie immer satt zu essen hat und nachts nicht frieren muss. Mr Mortimer hat jede Frau des Hauspersonals unzählige Male verbal aufs übelste misshandelt. Angerührt hat er allerdings keine von uns!“

Henri Pivot: „Wie können Sie da so sicher sein?“

Margret: „Nun, auch das Hauspersonal betreibt Konversation. Lord Cunningham hatte in Wahrheit keinerlei Interesse an Frauen!“

Lady Witherspoon: „Woher wissen Sie das?“

Margret: „Als er etwa siebzehn Jahre alt war, wurde er beobachtet, wie er sich mehrfach mit einem jungen Mann aus dem Dorf über den Pferdeställen getroffen hat!“

Lady Witherspoon: „Die beiden können dort alles Mögliche gemacht haben. Heimlich Rauchen, Trinken, schmutzige Heftchen ansehen...!“

Margret: „Die Spuren, die diese Treffen in seiner Kleidung hinterlassen haben, waren ziemlich eindeutig. Emma unsere alte Waschfrau könnte es Ihnen bestätigen, wenn sie noch unter uns weilen würde!“

Lady Witherspoon: „Warum wurde mir nichts davon gesagt?“

Margret: „Der alte Bunter hat uns damals streng verboten mit der Herrschaft darüber zu reden. Er sagte das Wissen hierüber hätte weder Ihnen noch Mortimer genützt!“

Henri Pivot: „Wie ging diese Affäre weiter?“

Margret: „Die Familie des jungen Mannes ist recht überraschend nach London gezogen!“

Henri Pivot: „Wissen Sie wie der junge Mann hieß?“

Margret: „Ich meine William. An den Nachnahmen kann ich mich nicht erinnern. Sein Vater war Leiter der Knabenschule!“

Henri Pivot: „Das hilft uns leider nicht weiter!“

Sie: „Oh doch! Was tut ein treusorgender Vater, wenn ihm zu Ohren kommt, dass sein Sohn ein homosexuelles Verhältnis hat? - Er hat im Grunde zwei Möglichkeiten. Er kann ihn verstoßen oder er kann ihn unterstützen. Dieser Vater hat seinen Sohn unterstützt. Er hat ihn davor bewahrt bei einer strafbaren Handlung ertappt zu werden, indem er ihn von seinem Liebhaber entfernte. So herzlos dieser satz auch klingt. Hätte er ihn verstoßen, hätte er ihn der Polizei ausgeliefert oder allein in die Kolonien geschickt.“ (die Gesellschaft blickt Sie erwartungsvoll an) „Was kann der Vater tun, um ihn langfristig zu schützen? Er wird nicht ewig aufpassen können. - Er hat wiederum zwei Möglichkeiten: Entweder er steckt ihn in ein Kloster, wo er unter seinesgleichen ist und derartiges Treiben nicht auffällt, oder er schickt ihn zur Armee, wo er ständig unter Aufsicht ist, und vielleicht sogar ein richtiger Mann aus ihm gemacht wird!“

(gespannte Stille)

Sie: „Reverend, Sie sagten vorhin zu Lady Witherspoon, dass Sie im kommenden Mai ein rundes Jubiläum auf Ihrer Pfarrstelle feiern. Demnach müssten Sie zu dem Zeitpunkt bereits im Amt gewesen sein. Erinnern Sie sich möglicherweise an einen Schulleiter, der sich Hals über Kopf versetzen ließ?“

Reverend Armbruster: „Allerdings, ich musste drei Wochen lang den Unterricht in Englisch und Geschichte übernehmen, weil sich auf die Schnelle kein neuer Lehrer fand. Während der Zeit ließ ich fast das gesamte Alte Testament laut vorlesen!“

Sie „Erinnern Sie sich möglicherweise an den Namen des Schulleiters?“

Reverend Armbruster: (sichtbar angestrengt) „Es war der Name eines Londoner Stadtteiles. - Richmond war es nicht, auch nicht Greenwich. Hillingdon! - Nein auch nicht, aber so ähnlich!“

(Mittlerweile sind alle Augen auf Major Kensington gerichtet. Dieser fühlt sich sichtlich in die Enge getrieben)

Sie: „War der Name möglicherweise Kensington?“

Reverend Armbruster: „Oh ja, natürlich...!“

Sie: „William, was ist geschehen nachdem Ihr Vater Sie in die Armee gesteckt hatte?“

Major Kensington: (wirkt erleichtert) „Ich ließ mich nach Ostasien versetzen. Als Mitglied der Kolonialherrschaft aber fernab des Königreichs konnte ich dort endlich meine Sexualität nahezu frei ausleben. Ich hatte mich dort arrangiert und wäre vermutlich bis ans selige Ende meiner Tage dortgeblieben, wäre nicht eines Tages Mortimer dort aufgetaucht. Wir trafen uns zufällig in einem Spielcasino, wo er gerade sein letztes Pfund verspielt hatte. Nach der anfänglichen Wiedersehensfreude kam schnell die Ernüchterung. Ich hatte ihm etwas Geld geliehen, damit er sein Hotel bezahlen konnte. Dann brauchte er Geld für einen Anzug, dann für einen goldenen Ring, dann für allerlei Luxusgüter, schließlich hat er mich unverhohlen erpresst. Er sagte, er würde mich bei meinen Vorgesetzten melden. Das hätte mich meinen Dienstgrad und meine Pension gekostet. Also zahlte ich. Und zahlte. Mein gesamtes Erspartes. Er wollte mehr. Ich gab meine Wohnung auf und zog in die Kaserne, während er in Luxus und Überschwang lebte. Aber das reichte ihm nicht. Ich borgte mir Geld, habe mich hoch verschuldet. Da erreichte mich die Nachricht, dass mein Vater verstorben war und mir sein Haus in London vermacht hatte. Also kehrten wir beide nach England zurück. Ich, um den Nachlass meines Vaters zu regeln, er, um mir mein Erbe zu entreißen. Als Lady Witherspoon erfuhr, dass ein alter Freund ihres Neffen nach London zurückgekehrt ist, lud sie mich prompt zum Abendessen ein. Ich nahm dankbar an, in der Hoffnung mich bei der Gelegenheit meines Erpressers irgendwie entledigen zu können!“

Henri Pivot: „Was Ihnen dann ja auch gelungen ist! Jetzt müssen Sie nur noch verraten, wer Ihr Komplize war. Wer hat die Sicherung ausgelöst?“

Major Kensington: „Ich brauche keinen Komplizen. Sehen Sie die flackernde Stehleuchte hinter mir? Die Lampe hat einen schweren Wackelkontakt. Ein beherzter Tritt nach hinten...!“

(Er tritt nach hinten aus, trifft aber ins Leere, da Sie die Leuchte bereits zur Seite gestellt hat. Seiner Fluchtmöglichkeit beraubt zieht er mit verzweifeltem Gesicht plötzlich eine Pistole hervor und richtet die Waffe auf Sie. Ein Entsetzensschrei von Lady Witherspoon ist zu hören)

Henri Pivot: „Machen Sie sich nicht noch unglücklicher!“

Major Kensington: „Ich bin ein toter Mann! Egal wie viele Menschen ich noch mitnehme! Glauben Sie, dass ein homosexueller Mörder einen gnädigen Richter findet? Mein Strick ist bereits geknüpft!“

(von draußen ist das quakende Geräusch einer altmodischen Sirene, untermalt vom Knattern eines langhubigen Motors und dem Heulen eines geradeverzahnten Getriebes zu hören)

Lady Witherspoon: „William!“

(er hebt die Pistole an, setzt sie an seine Schläfe und drückt ab)

Vorhang, Ende der dritten Szene
Was bin ich?- Zunächst einmal bin ich ein Mensch!
Meistens bin ich ein Mann.
Wenn mir danach ist bin ich eine Frau.
Ich muss mich nicht festlegen.
Antworten

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