Lavendellöwin hat geschrieben: ↑Sa 28. Sep 2024, 13:40
Jaddy hat geschrieben: ↑Sa 28. Sep 2024, 09:47
Wenn wir schon völlig ohne Voraussetzungen einen beliebigen der vier "Gender-Tarife" buchen können
Hey..
nun ja, eine freie Wahl, freie Gestaltungsmöglichkeiten, das ist wirklich alles schön.
Da bin ich auch voll dabei..mir wäre es sogar recht wenn es völlig unpässlich wäre bei einer Person.
Aber das mit dem "buchen" klingt jetzt wirklich völlig daneben, ich checke doch nicht
irgendwo ein und dann wieder aus. Das macht das Ganze dann völlig unwichtig und bedeutungslos.
Es sollte doch aber eine Bedeutung für die Person haben, die den Schritt geht.
War das nicht der Ansatz?
So ein Aufriss für ein "ist doch eh völlig egal"? Nee sorry, das ist nicht okay..
Für die betroffene Person selber hat es auf jeden Fall eine Bedeutung, sonst würde sie den Aufwand der Änderung sicher nicht machen. Bei geänderten Vornamen hängen ja erhebliche Folgeaufwände dran. Ich ändere jetzt auch von "divers" auf Streichung, weil "kein Eintrag" meiner Identität am besten entspricht (und ich dann sagen kann, dass ich ausgetreten bin
)
Aus staatlicher und juristischer Sicht ist aber mit dem SBGG tatsächlich der Geschlechtseintrag im Personenstand eine quasi optionale Angabe geworden. Zum einen ändert sich staatlich nicht sonderlich viel. Rentenversicherungsnummer, Buchstabe im Reisepass und auf der Gesundheitskarte, Gleichstellungsfragen, sofern nicht anders geregelt. Viel mehr ist es nicht. (Unterbringung und Behandlung bei Polizei und Justiz, ggf Dienst im V- oder Spannungsfall, ...).
Im Privatleben auch nicht, denn der amtliche Eintrag ist praktisch nirgendwo relevant. Nein, Anrede ist frei wählbar. Unabhängig vom Eintrag. Ich wüsste jetzt keine Situation, wo im Alltag inkl. Geschäftsleben der amtliche Geschlechtseintrag von Belang wäre oder jemals belegt werden müsste. Die meisten von uns könnten das auch gar nicht sponan. Konkret, also bei Toiletten, Umkleiden, Sportligen, und anderen zweigegenderten Räumen zählt erst mal die Einschätzung durch andere.
Es steht sogar explizit im SBGG drin, dass der Staat zum einen auf jegliche Hoheit über den Eintrag verzichtet. Keine Gutachten, keine Plausibilitätsprüfung, nichts mehr. Zum zweiten sagt das SBGG ausdrücklich, dass der Eintrag ausschliesslich für das -hm- "Vertragsverhältnis" zwischen Bürger*in und Staat relevant ist. Ausdrücklich nicht bei privatwirtschaftlichen Geschäften, bei medizinischen Bedarfen, im Sport, im Haus- und Vertragsrecht, usw.
In der Begründung zu §6 im Kabinettesentwurf ist das lang und breit erklärt und mMn die eigentliche Revolution: Die Geschlechtsidentität ist eine persönliche Sache und wird im Alltag unabhängig vom amtlichen Eintrag gelebt und verwirklicht. Der Staat hält sich da raus:
Mit § 6 Absatz 1 SBGG ändert sich hinsichtlich der Rechtsfolgen im Vergleich zum bisher geltenden § 10 TSG nichts. Es wird lediglich klargestellt, dass es stets – wie schon bisher – um Rechtsfolgen geht, für die der Ge- schlechtseintrag im Personenstandsregister beziehungsweise die dort eingetragenen Vornamen einer Person rele- vant sind.
Bereits vor der Änderung des Geschlechtseintrages und der Vornamen kann zum Beispiel im privaten Bereich eine Verwendung des gewählten Geschlechtseintrags und der Vornamen erfolgen, wenn dem keine gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen.
Damit macht sich der Staat einerseits einen bequemen schlanken Schuh nach dem Motto "bin ich nicht zuständig und der Eintrag nicht relevant". Gleichzeitig steht hier, meiner Ansicht nach zum ersten Mal explizit, dass der staatliche Geschlechtseintrag (inzwischen, durch SBGG) ein Buchstabe in der Datenank ohne praktische Relevanz ist. Leider auch ohne Schutzfolgen: Diskriminiert und attackiert wird nach Augenschein, nicht nach EIntrag. Oder, wie ich es sage: Geschlecht wird (durch Augenschein) an der Backtheke konstruiert.