SBGG, Vornamen: Es geht doch mehr
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Jaddy
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SBGG, Vornamen: Es geht doch mehr

Post 1 im Thema

Beitrag von Jaddy »

Ein Update von Jenny Wilken (dgti) zu den seltsamen Vorstellungen des BMI bzgl Vornamen:
am Dienstag [23.9.24] waren Vertreter*innen des BVT*, des LSVD+ sowie der dgti beim BMI zum Gespräch.

Dort kam als ein Ergebnis heraus, dass die Vornamenswahl weiter aufgefasst wird und es ein Update an die Landesministerien geben wird. Dies ist mittlerweile erfolgt, und entsprechend mit der Bitte der Weitergabe an die Standesämter versehen.

Kurzzusammenfassung:

Wer den Geschlechtseintrag „männlich“ wählt, kann sich männlicher Vornamen oder Vornamen, die beiden Geschlechter zugeordnet werden können, bedienen.
Wer den Geschlechtseintrag „weiblich“ wählt, kann sich weiblicher Vornamen oder solcher, die beiden Geschlechtern zugeordnet werden können, bedienen.
Wer den Geschlechtseintrag „divers“ wählt oder den Geschlechtseintrag streichen lässt, hat die freie Auswahl.
Die Wahl eindeutig männlicher Vornamen zum Geschlechtseintrag „weiblich“ und eindeutig weiblicher Vornamen zum Geschlechtseintrag „männlich“ ist nicht möglich.

Die Standesämter haben Beispiele bekommen.
Dies ist bereits in die FAQ der dgti zum SBGG eingearbeitet: https://dgti.org/2024/07/23/faq-zum-sbgg/ 

Stellt sich die Frage, warum dem BMI erst massiv erklärt werden muss, was "Selbstbestimmung" eigentlich bedeutet. Kommt in deren Denke möglicherweise nicht so vor. Aber natürlich ist auch das Gesetz selbst zu kritisieren. Wenn wir schon völlig ohne Voraussetzungen einen beliebigen der vier "Gender-Tarife" buchen können, warum soll der dann quasi durch die Hintertür erkennbar sein?
Wally
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Re: SBGG, Vornamen: Es geht doch mehr

Post 2 im Thema

Beitrag von Wally »

Jaddy hat geschrieben: Sa 28. Sep 2024, 09:47 Wenn wir schon völlig ohne Voraussetzungen einen beliebigen der vier "Gender-Tarife" buchen können, warum soll der dann quasi durch die Hintertür erkennbar sein?
Wenn die "Gender-Tarife" nicht mehr erkennbar sein sollen - wozu sind sie dann überhaupt noch da? Dann kann man sich diese ganzen Tänze drum herum doch gleich sparen.
Herzliche Grüße
Wally
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Re: SBGG, Vornamen: Es geht doch mehr

Post 3 im Thema

Beitrag von Lavendellöwin »

Jaddy hat geschrieben: Sa 28. Sep 2024, 09:47 Wenn wir schon völlig ohne Voraussetzungen einen beliebigen der vier "Gender-Tarife" buchen können


Hey..


nun ja, eine freie Wahl, freie Gestaltungsmöglichkeiten, das ist wirklich alles schön.
Da bin ich auch voll dabei..mir wäre es sogar recht wenn es völlig unpässlich wäre bei einer Person.

Aber das mit dem "buchen" klingt jetzt wirklich völlig daneben, ich checke doch nicht
irgendwo ein und dann wieder aus. Das macht das Ganze dann völlig unwichtig und bedeutungslos.
Es sollte doch aber eine Bedeutung für die Person haben, die den Schritt geht.
War das nicht der Ansatz?

So ein Aufriss für ein "ist doch eh völlig egal"? Nee sorry, das ist nicht okay..

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Re: SBGG, Vornamen: Es geht doch mehr

Post 4 im Thema

Beitrag von Jaddy »

Wally hat geschrieben: Sa 28. Sep 2024, 10:32
Jaddy hat geschrieben: Sa 28. Sep 2024, 09:47 Wenn wir schon völlig ohne Voraussetzungen einen beliebigen der vier "Gender-Tarife" buchen können, warum soll der dann quasi durch die Hintertür erkennbar sein?
Wenn die "Gender-Tarife" nicht mehr erkennbar sein sollen - wozu sind sie dann überhaupt noch da? Dann kann man sich diese ganzen Tänze drum herum doch gleich sparen.
Das BVerfG hat 2017 im Entscheid zur Dritten (positiven) Option dem Staat schon offen gelassen, auf die Erfassung komplett zu verzichten :)

Es geht aber nicht darum, dass sie generell nicht sollen, das will ja keinein. Aber es wäre im Sinne der Selbstbestimmung, es allen freizustellen, welche "männlichen", "weiblichen" oder "ambivalenten" Vornamen sie führen wollen, was sie damit möglicherweise signalisieren wollen oder nicht. Was sich Dritte bei Namen denken ist eh eine völlig andere Sache.

Der Punkt ist, dass sie jetzt (§2(3) SBGG) erkennbar sein sollen. Und zwar nur bei jenen, die das SBGG nutzen. Das ist a) eine Ungleichbehandlung ggü der Namensgebung bei Neugeborenen und b) ein Novum im deutschen Namens-/Personenstandsrecht. Es gibt weder im Gesetz selbst, noch in der Begründung (Kabinettsentwurf Nov.23) eine Erklärung für den Grund dieser Norm. Es ist völlig offen, welches Rechtsgut damit geschützt oder welches legitime staatliche Interesse damit gewahrt werden soll. Bei Neugeborenen kann noch irgendwie mit Kindeswohl argumentiert werden, aber bei volljährigen, geschäftsfähigen Menschen, die sogar über ihren Geschlechtseintrag selbst bestimmen, braucht es wohl keinen Schutz vor Mobbing o.ä.
Jaddy
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Re: SBGG, Vornamen: Es geht doch mehr

Post 5 im Thema

Beitrag von Jaddy »

Lavendellöwin hat geschrieben: Sa 28. Sep 2024, 13:40
Jaddy hat geschrieben: Sa 28. Sep 2024, 09:47 Wenn wir schon völlig ohne Voraussetzungen einen beliebigen der vier "Gender-Tarife" buchen können
Hey..

nun ja, eine freie Wahl, freie Gestaltungsmöglichkeiten, das ist wirklich alles schön.
Da bin ich auch voll dabei..mir wäre es sogar recht wenn es völlig unpässlich wäre bei einer Person.

Aber das mit dem "buchen" klingt jetzt wirklich völlig daneben, ich checke doch nicht
irgendwo ein und dann wieder aus. Das macht das Ganze dann völlig unwichtig und bedeutungslos.
Es sollte doch aber eine Bedeutung für die Person haben, die den Schritt geht.
War das nicht der Ansatz?

So ein Aufriss für ein "ist doch eh völlig egal"? Nee sorry, das ist nicht okay..
Für die betroffene Person selber hat es auf jeden Fall eine Bedeutung, sonst würde sie den Aufwand der Änderung sicher nicht machen. Bei geänderten Vornamen hängen ja erhebliche Folgeaufwände dran. Ich ändere jetzt auch von "divers" auf Streichung, weil "kein Eintrag" meiner Identität am besten entspricht (und ich dann sagen kann, dass ich ausgetreten bin ;) )

Aus staatlicher und juristischer Sicht ist aber mit dem SBGG tatsächlich der Geschlechtseintrag im Personenstand eine quasi optionale Angabe geworden. Zum einen ändert sich staatlich nicht sonderlich viel. Rentenversicherungsnummer, Buchstabe im Reisepass und auf der Gesundheitskarte, Gleichstellungsfragen, sofern nicht anders geregelt. Viel mehr ist es nicht. (Unterbringung und Behandlung bei Polizei und Justiz, ggf Dienst im V- oder Spannungsfall, ...).

Im Privatleben auch nicht, denn der amtliche Eintrag ist praktisch nirgendwo relevant. Nein, Anrede ist frei wählbar. Unabhängig vom Eintrag. Ich wüsste jetzt keine Situation, wo im Alltag inkl. Geschäftsleben der amtliche Geschlechtseintrag von Belang wäre oder jemals belegt werden müsste. Die meisten von uns könnten das auch gar nicht sponan. Konkret, also bei Toiletten, Umkleiden, Sportligen, und anderen zweigegenderten Räumen zählt erst mal die Einschätzung durch andere.

Es steht sogar explizit im SBGG drin, dass der Staat zum einen auf jegliche Hoheit über den Eintrag verzichtet. Keine Gutachten, keine Plausibilitätsprüfung, nichts mehr. Zum zweiten sagt das SBGG ausdrücklich, dass der Eintrag ausschliesslich für das -hm- "Vertragsverhältnis" zwischen Bürger*in und Staat relevant ist. Ausdrücklich nicht bei privatwirtschaftlichen Geschäften, bei medizinischen Bedarfen, im Sport, im Haus- und Vertragsrecht, usw.

In der Begründung zu §6 im Kabinettesentwurf ist das lang und breit erklärt und mMn die eigentliche Revolution: Die Geschlechtsidentität ist eine persönliche Sache und wird im Alltag unabhängig vom amtlichen Eintrag gelebt und verwirklicht. Der Staat hält sich da raus:
Mit § 6 Absatz 1 SBGG ändert sich hinsichtlich der Rechtsfolgen im Vergleich zum bisher geltenden § 10 TSG nichts. Es wird lediglich klargestellt, dass es stets – wie schon bisher – um Rechtsfolgen geht, für die der Ge- schlechtseintrag im Personenstandsregister beziehungsweise die dort eingetragenen Vornamen einer Person rele- vant sind.
Bereits vor der Änderung des Geschlechtseintrages und der Vornamen kann zum Beispiel im privaten Bereich eine Verwendung des gewählten Geschlechtseintrags und der Vornamen erfolgen, wenn dem keine gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen.
Damit macht sich der Staat einerseits einen bequemen schlanken Schuh nach dem Motto "bin ich nicht zuständig und der Eintrag nicht relevant". Gleichzeitig steht hier, meiner Ansicht nach zum ersten Mal explizit, dass der staatliche Geschlechtseintrag (inzwischen, durch SBGG) ein Buchstabe in der Datenank ohne praktische Relevanz ist. Leider auch ohne Schutzfolgen: Diskriminiert und attackiert wird nach Augenschein, nicht nach EIntrag. Oder, wie ich es sage: Geschlecht wird (durch Augenschein) an der Backtheke konstruiert.
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