Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten - # 5
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Eine Frau mit Penis- Zehnter Akt Epilog
(wir befinden uns noch immer auf dem Landsitz, allerdings in einem anderen Raum. Zwei Personen sitzen am Kamin, sonst ist niemand anwesend)
Henri Pivot: „Madame, ich muss Ihnen einfach zu Ihrem Scharfsinn gratulieren. Sie können stolz auf sich sein. Mit Ihrer Hilfe konnte der Fall noch vor Eintreffen der Polizei aufgeklärt werden!“
Sie: „Wie könnte ich stolz sein? Ich bin hierhergekommen, um zu helfen. Jetzt sind zwei Menschen tot!“
Henri Pivot: „Meine Liebe, ich bitte Sie. Es traf immerhin keinen Unschuldigen!“
Sie: „Mein lieber Henri. Traf es denn einen Schuldigen? Zwei Menschen, die sich einstmals geliebt haben, haben sich gegenseitig zerstört. So weit konnte es nur kommen, weil diese Gesellschaft ihre Form der Liebe nicht toleriert, sondern als Verbrechen ahndet. Ohne Gesetz kein Druckmittel, ohne Druckmittel keine Erpressung, ohne Erpressung kein Mord! Wer weiß, wie sich der Charakter von Lord Cunningham entwickelt hätte, wenn der junge Mortimer sich nicht gezwungen gesehen hätte die schützende Maske eines Widerlings aufzusetzen, die mit der Zeit zu einem Teil seines Charakters geworden ist!“
Henri Pivot: „Verzeihen Sie, unter diesem Blickwinkel habe ich die Angelegenheit noch gar nicht betrachtet!“
Sie: „Mein lieber Henri, Sie müssen sich nicht entschuldigen. Wir sind alle Teil dieser Gesellschaft und unterliegen damit unbewusst den Gewohnheiten, Zwängen, Vorurteilen und Ressentiments, die das Kollektiv im Laufe der Zeit entwickelt hat. Sich dem daraus entstehenden Druck zu widersetzen kostet mehr Kraft, als sich anzupassen. Da geht es Ihnen nicht anders als der großen Mehrheit. Aber auch William und Mortimer, die definitiv darunter leiden mussten, haben nie versucht sich zu widersetzen, sondern sich so gut es ging angepasst!
Ich würde mir wünschen, dass es im nächsten Jahrtausend völlig normal sein wird, dass Männer andere Männer und Frauen andere Frauen lieben und vielleicht sogar heiraten dürfen.“
Henri Pivot: „Madame, meinen Sie, dass soetwas jemals möglich sein wird?“
Sie: „Ich fürchte auch der kühnste Seher vermag nicht vorherzusagen was in einhundert Jahren sein wird.“
Vorhang. Ende des zehnten Aktes.
Henri Pivot: „Madame, ich muss Ihnen einfach zu Ihrem Scharfsinn gratulieren. Sie können stolz auf sich sein. Mit Ihrer Hilfe konnte der Fall noch vor Eintreffen der Polizei aufgeklärt werden!“
Sie: „Wie könnte ich stolz sein? Ich bin hierhergekommen, um zu helfen. Jetzt sind zwei Menschen tot!“
Henri Pivot: „Meine Liebe, ich bitte Sie. Es traf immerhin keinen Unschuldigen!“
Sie: „Mein lieber Henri. Traf es denn einen Schuldigen? Zwei Menschen, die sich einstmals geliebt haben, haben sich gegenseitig zerstört. So weit konnte es nur kommen, weil diese Gesellschaft ihre Form der Liebe nicht toleriert, sondern als Verbrechen ahndet. Ohne Gesetz kein Druckmittel, ohne Druckmittel keine Erpressung, ohne Erpressung kein Mord! Wer weiß, wie sich der Charakter von Lord Cunningham entwickelt hätte, wenn der junge Mortimer sich nicht gezwungen gesehen hätte die schützende Maske eines Widerlings aufzusetzen, die mit der Zeit zu einem Teil seines Charakters geworden ist!“
Henri Pivot: „Verzeihen Sie, unter diesem Blickwinkel habe ich die Angelegenheit noch gar nicht betrachtet!“
Sie: „Mein lieber Henri, Sie müssen sich nicht entschuldigen. Wir sind alle Teil dieser Gesellschaft und unterliegen damit unbewusst den Gewohnheiten, Zwängen, Vorurteilen und Ressentiments, die das Kollektiv im Laufe der Zeit entwickelt hat. Sich dem daraus entstehenden Druck zu widersetzen kostet mehr Kraft, als sich anzupassen. Da geht es Ihnen nicht anders als der großen Mehrheit. Aber auch William und Mortimer, die definitiv darunter leiden mussten, haben nie versucht sich zu widersetzen, sondern sich so gut es ging angepasst!
Ich würde mir wünschen, dass es im nächsten Jahrtausend völlig normal sein wird, dass Männer andere Männer und Frauen andere Frauen lieben und vielleicht sogar heiraten dürfen.“
Henri Pivot: „Madame, meinen Sie, dass soetwas jemals möglich sein wird?“
Sie: „Ich fürchte auch der kühnste Seher vermag nicht vorherzusagen was in einhundert Jahren sein wird.“
Vorhang. Ende des zehnten Aktes.
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Re: Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater in mehreren Akten
.
Wenn ich nochmal was dazu sagen darf....
Nicht nur eine dramaturgisch interessante Geschichte...
( manchmal hat es mich auch an "Eine Leiche zum Dessert" erinnert )
sondern auch, daß Du sozusagen alle Facetten UNSERER Problematik angesprochen und eingeschlossen hast.
Fand ich toll.
elgetina
....................................................................
Oh Mist... jetzt hab ich grad gesehen, daß ich eine neue Seite angefangen habe.
Jetzt lesen die Anderen womöglich die Geschichte nicht sondern nur meinen Kommentar.
Kann man das wieder löschen und ich schreibe es später nochmal ??
Wenn ich nochmal was dazu sagen darf....
Nicht nur eine dramaturgisch interessante Geschichte...
( manchmal hat es mich auch an "Eine Leiche zum Dessert" erinnert )
sondern auch, daß Du sozusagen alle Facetten UNSERER Problematik angesprochen und eingeschlossen hast.
Fand ich toll.
elgetina
....................................................................
Oh Mist... jetzt hab ich grad gesehen, daß ich eine neue Seite angefangen habe.
Jetzt lesen die Anderen womöglich die Geschichte nicht sondern nur meinen Kommentar.
Kann man das wieder löschen und ich schreibe es später nochmal ??
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Re: Eine Frau mit Penis- Zehnter Akt Epilog
Liebe Helga,
ich liebe Dein Theaterstück
Es ist so plastisch, dass sich die Personen und Örtlichkeiten deutlich vor meinem inneren Auge abzeichnen, zudem sprachlich ausgefeilt und mit viel Überraschungsmoment und Spannung geschrieben, so dass gute Unterhaltung garantiert ist.
Und dann noch Passagen wie diese
LGL
ich liebe Dein Theaterstück
Es ist so plastisch, dass sich die Personen und Örtlichkeiten deutlich vor meinem inneren Auge abzeichnen, zudem sprachlich ausgefeilt und mit viel Überraschungsmoment und Spannung geschrieben, so dass gute Unterhaltung garantiert ist.
Und dann noch Passagen wie diese
Wie wahr. Danke fürs Erinnern, gerade jetzt, wo mir die Widerstandskraft ein bisschen schwindet...Helga hat geschrieben: ↑So 6. Feb 2022, 20:22 Wir sind alle Teil dieser Gesellschaft und unterliegen damit unbewusst den Gewohnheiten, Zwängen, Vorurteilen und Ressentiments, die das Kollektiv im Laufe der Zeit entwickelt hat. Sich dem daraus entstehenden Druck zu widersetzen kostet mehr Kraft, als sich anzupassen.
LGL
Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt.
Blaise Pascal
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Re: Eine Frau mit Penis- ein Kopftheater, elfter Akt
DieTheatersaison ist zwar noch weit entfernt, aber auch diese Kunstform muss mit der Zeit gehen und mal an ungewöhnlichen Orten, mal zu ungewöhnlichen Zeiten spielen.
Zur Erinnerung: Im Unterschied zum Kopfkino macht das Kopftheater keinerlei Vorgaben bezüglich der Besetzung der Rollen, ihrer Kostümierung und Garderobe, oder zu Ausstattung und Optik der Spielorte. Dies selbst zu erledigen bleibt den Zuschauenden überlassen, genauso wie diesen freigestellt ist die spärlichen Dialoge zu ergänzen oder die nur grob angerissenen Handlungen weiterzuführen.
Wir machen einen Zeitsprung.
Der Kalender zeigt einen Wochentag im Jahr 2122.
Der Ort spielt keine Rolle.
Sie steht vor einer Schulklasse.
Sie: „Ich bin eine Frau mit Penis!“
(Der Satz löst keinerlei besondere Reaktionen aus)
Sie: „Wie ich sehe ist dieser Satz für euch nichts Außergewöhnliches, aber noch vor 100 Jahren hätte ich mit diesem Ausspruch einiges Aufsehen erregt. Vor 200 Jahren wäre ich dafür ins Gefängnis gekommen, vor 500 Jahren auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden!“
Kim: „Oh, wie schrecklich! Aber warum denn nur?“
Sie: „Gegenfrage: Wie funktioniert die biologische Arbeitsteilung bei der Fortpflanzung? - Sascha!“
Sascha: „Es gibt ein Individuum, das den Samen gibt, genannt das „Zeugende“ und ein Individuum, das den Nachwuchs austrägt, genannt das „Gebärende“. Wenn die beiden zum richtigen Zeitpunkt zusammen gekommen sind, wird nach der Phase der Schwangerschaft, die beim Menschen 9 Monate dauert, ein Kind geboren!“
Sie: „Wunderbar auswendig gelernt! Und jetzt: Was ist eine Frau? - Toni?"
Toni: „Ähmm... . Eine Frau trägt schöne Kleider und legt größeren Wert auf ihr Äußeres!"
Mika: „Frauen sind sanftmütiger, weniger agressiv und weniger geltungssüchtig als Männer. Frauen haben ein weniger ausgeprägtes Konkurrenzdenken!"
Noah: „Frauen sind kreativer und den schöngeistigen Dingen eher zugetan!"
Sie: „OK, ob das wirklich immer alles so zutrifft sei dahingestellt. Wir lassen das mal so stehen. Und was ist ein Mann? - Lian?"
Lian: „Ein Mann ist stark, durchsetzungsfähig, weiß was er will und lässt sich durch nichts und niemanden aufhalten!"
Jona: „Männer verstehen mehr von Technik, lieben Sport, fahren zu schnell Fahrrad, müssen sich gegenseitig immer irgendetwas beweisen und essen zuviel Fleisch!"
Alex: „Männer bringen alles in Ordnung, verlieren auch in stürmischen Zeiten nicht die Ruhe und haben eine Schulter zum Ausweinen!"
Sie: „Wunderbar, da haben wir eine schöne Sammlung von Ideen, was eine Frau oder einen Mann ausmacht!
Jetzt stellt euch vor, noch vor 100 Jahren waren die meisten Menschen der Meinung ein Gebärendes müsste unbedingt eine Frau sein und ein Zeugendes unbedingt ein Mann. Die Biologie war untrennbar mit der gesellschaftlichen Rolle verbunden! Und das, obwohl sich diese gesellschaftlichen Rollen in früheren Zeiten sehr viel stärker unterschieden haben, als wir uns dies heute vorstellen können! Den Menschen wurde keine Wahl gelassen!"
Die Klasse starrt Sie entgeistert an.
Sie: „Schlimmer noch. Wenn sich vor 100 Jahren ein Zeugendes Frauenkleider anzog, lief es Gefahr dafür ausgelacht oder zusammengeschlagen zu werden. Konnte sich ein Gebärendes durchsetzen wie es damals nur von Männern erwartet wurde, wurde es dafür als herzloses Karrieremonster beschimpft!
Noch vor 200 Jahren wurde ein Zeugendes in Frauenkleidern ins Gefängnis gesteckt. Es gibt Berichte über Gebärende, die vor 500 Jahren als Mann gelebt haben und nach Entdeckung hingerichtet wurden!"
Toni: „Warum waren die Menschen so gemein?"
Sie: „Es gab eigentlich gar keinen Grund. Oft wurde die Religion als Begründung genannt, letztlich war es aber einfach nur so, dass es der Gewohnheit der Mehrheitsgesellschaft widersprach, wenn die Menschen in einem anderen Geschlecht leben wollten als es die Biologie vorzugeben schien!"
Chris; „Und die, die nicht Frau oder Mann sein wollten??"
Sie: „Bis vor 150 Jahren hat es außer Mann und Frau offiziell keine Geschlechter gegeben. Für die, die hier eigentlich nicht reinpassten galt das Gleiche: Sie hatten sich an ihre biologischen "Vorgaben" anzupassen und entweder Frau oder Mann zu sein. Wenn die Biologie unklar war, wurde sie operativ an das angepasst, was sogenannten Fachleuten am zutreffendsten erschien. Daran mussten sich die Menschen dann halten. Hauptsache sie passten in das binäre Schema von Mann oder Frau, gekoppelt an Zeugend oder Gebärend.
Vor ungefähr 100 Jahren war dann bekannt und rechtlich anerkannt, dass es weitere Geschlechter gab. Der größte Teil der Bevölkerung kam damit aber noch nicht klar!"
Sigi: „Meine Oma kannte als Kind eine Frau, die musste sich den Penis abschneiden lassen, weil alle sagten, dass eine Frau keinen Penis haben durfte!"
(Raunen und erschrockene "Oh jeh" Rufe sind zu hören)
Sie: „Der Penis wurde natürlich nicht abgeschnitten, sondern operativ verändert, "umgestülpt". Vom Prinzip her hast du aber Recht. Die Menschen waren der Meinung, dass ein Zeugendes ein Mann sein musste und ein Gebärendes eine Frau. Und das dies unveränderlich zu sein hatte. Wenn in Ausnahmefällen doch mal ein Geschlechtswechsel stattfand wurde solange operativ an den Körpern manipuliert bis ein Zeugendes aussah wie ein Gebärendes oder ein Gebärendes wie ein Zeugendes!"
Lian: „Konnte das Zeugende dann anschließend gebären?"
Sie: „Nein. Die Operationen waren rein kosmetischer Art. Ein komplexes Organ wie eine Gebärmutter lässt sich nicht aus Muskelgewebe und Hautlappen nachbilden!"
Lian: „Konnte das Zeugende denn dann anschließend noch zeugen?
Sie: „Auch das nicht. Bei der Operation wurden die Hoden entfernt. Aber auch ein Gebärendes, das ein Mann werden wollte konnte nicht mehr gebären. Die Eierstöcke und manchmal sogar die Gebärmutter wurden entfernt!"
(Die ganze Klasse starrt Sie entsetzt an)
Sie: „Ich wollte euch nicht erschrecken, aber im Geschichtsunterricht müssen wir uns auch mit Dingen befassen, die aus heutiger Sicht völlig unverständlich sind und vielleicht sogar schrecklich erscheinen. Für die Leute damals war dies aber normal!"
Alex: „Das heißt ich hätte mein Leben lang als Frau leben müssen ohne jemals Mann sein zu dürfen?"
Sie: „Soweit du ein Gebärendes bist, was ich nicht weiß und mich auch nichts angeht: Ja!"
Sigi: (an Alex) „Du als Frau, das kann ich mir garnicht vorstellen!"
Alex: „Oh ja! Im Kindergarten war ich zwei Wochen lang Mädchen, bis ich alle meine Kleider beim Bäumeklettern und Fußballspielen zerrissen hatte. Meine Eltern meinten dann ich sollte es vielleicht einmal als Junge versuchen, was mir bislang ganz gut gefallen hat.
Mika: „In drei Wochen will ich auch mal ein Mädchen sein: Mein großes Geschwisst heiratet und möchte, dass ich Brautjungfer bin. Das Kleid haben wir schon gekauft!"
Jona: „Meine Eltern machen oft Catering für Hochzeiten. Da fahre ich öfter mal mit. Auf den Hochzeiten sind kaum noch Männer zu treffen. Einen Bräutigam habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Irgendwie heiraten nur noch Bräute!"
Sie: „Verständlich. Wer lässt sich schon die Gelegenheit entgehen in einem richtig schicken Hochzeitskleid zu heiraten?
Aber auch die Hochzeit von zwei Bräuten oder zwei Bräutigammen war noch vor 150 Jahren unvorstellbar! Ein Zeugendes musste ein Mann sein und durfte nur ein Gebärendes heiraten, welches eine Frau sein musste! Damit kam die Hälfte der Menscheit nicht für eine Hochzeit oder Partnerschaft in Frage!"
Sigi: „Was sollte das denn?"
Sie: „Die Menschen waren der Meinung, dass ein Ehepaar immer in der Lage sein sollte gemeinsam Kinder zur Welt zu bringen!"
Sigi: „Was hat Heiraten den mit Kinder kriegen zu tun? Meine Eltern sind beide Gebärende. Mein Zeugendes wohnt im Nachbarhaus und kommt uns fast täglich besuchen!"
Jona: (zu Sigi) „Hast du nur zwei Eltern? Ich habe drei!"
Mika: „Ich sogar vier!"
Sie: „Wir wollen uns jetzt nicht gegenseitig mit der Anzahl der Eltern überbieten. Früher dachten die Leute, dass nur diejenigen, die ein Kind gezeugt und geboren hatten Eltern für dieses Kind sein konnten!"
Alex: „Oh Je! Dann müsste mein Gebärendes ja mein Elter sein! Ein Glück, dass die Zeiten vorbei sind. Das würde ich nicht lange ertragen!"
Sie: „Das gebärende Elter wurde "Mutter" genannt, daher der antiqiuerte Ausdruck "Muttersprache". Das zeugende Elter wurde als "Vater" bezeichnet, vielleicht lest ihr in den Geschichtsapps gelegentlich den Ausdruck "Vaterland".
Alex: „Schon merkwürdig wie sehr die Menschen sich früher selber eingeschränkt haben. Un das, obwohl sie hiervon keinerlei Vor- sondern nur Nachteile hatten. Sie müssen doch wohl ziemlich gelitten haben?"
Sie: „Das haben die allermeisten wohl auch, nur niemand hat es zugegeben, deswegen hat sich auch lange nichts geändert!"
(es klingelt zur Pause)
Sie: „Soweit zur Einleitung für das nächste Thema. Ihr könnt euch in der Geschichtsapp Kapitel 131 schon mal einlesen: Pius XV./ Pia I. - ein Kirchenoberhaupt revolutioniert der Genderkosmos."
Zur Erinnerung: Im Unterschied zum Kopfkino macht das Kopftheater keinerlei Vorgaben bezüglich der Besetzung der Rollen, ihrer Kostümierung und Garderobe, oder zu Ausstattung und Optik der Spielorte. Dies selbst zu erledigen bleibt den Zuschauenden überlassen, genauso wie diesen freigestellt ist die spärlichen Dialoge zu ergänzen oder die nur grob angerissenen Handlungen weiterzuführen.
Wir machen einen Zeitsprung.
Der Kalender zeigt einen Wochentag im Jahr 2122.
Der Ort spielt keine Rolle.
Sie steht vor einer Schulklasse.
Sie: „Ich bin eine Frau mit Penis!“
(Der Satz löst keinerlei besondere Reaktionen aus)
Sie: „Wie ich sehe ist dieser Satz für euch nichts Außergewöhnliches, aber noch vor 100 Jahren hätte ich mit diesem Ausspruch einiges Aufsehen erregt. Vor 200 Jahren wäre ich dafür ins Gefängnis gekommen, vor 500 Jahren auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden!“
Kim: „Oh, wie schrecklich! Aber warum denn nur?“
Sie: „Gegenfrage: Wie funktioniert die biologische Arbeitsteilung bei der Fortpflanzung? - Sascha!“
Sascha: „Es gibt ein Individuum, das den Samen gibt, genannt das „Zeugende“ und ein Individuum, das den Nachwuchs austrägt, genannt das „Gebärende“. Wenn die beiden zum richtigen Zeitpunkt zusammen gekommen sind, wird nach der Phase der Schwangerschaft, die beim Menschen 9 Monate dauert, ein Kind geboren!“
Sie: „Wunderbar auswendig gelernt! Und jetzt: Was ist eine Frau? - Toni?"
Toni: „Ähmm... . Eine Frau trägt schöne Kleider und legt größeren Wert auf ihr Äußeres!"
Mika: „Frauen sind sanftmütiger, weniger agressiv und weniger geltungssüchtig als Männer. Frauen haben ein weniger ausgeprägtes Konkurrenzdenken!"
Noah: „Frauen sind kreativer und den schöngeistigen Dingen eher zugetan!"
Sie: „OK, ob das wirklich immer alles so zutrifft sei dahingestellt. Wir lassen das mal so stehen. Und was ist ein Mann? - Lian?"
Lian: „Ein Mann ist stark, durchsetzungsfähig, weiß was er will und lässt sich durch nichts und niemanden aufhalten!"
Jona: „Männer verstehen mehr von Technik, lieben Sport, fahren zu schnell Fahrrad, müssen sich gegenseitig immer irgendetwas beweisen und essen zuviel Fleisch!"
Alex: „Männer bringen alles in Ordnung, verlieren auch in stürmischen Zeiten nicht die Ruhe und haben eine Schulter zum Ausweinen!"
Sie: „Wunderbar, da haben wir eine schöne Sammlung von Ideen, was eine Frau oder einen Mann ausmacht!
Jetzt stellt euch vor, noch vor 100 Jahren waren die meisten Menschen der Meinung ein Gebärendes müsste unbedingt eine Frau sein und ein Zeugendes unbedingt ein Mann. Die Biologie war untrennbar mit der gesellschaftlichen Rolle verbunden! Und das, obwohl sich diese gesellschaftlichen Rollen in früheren Zeiten sehr viel stärker unterschieden haben, als wir uns dies heute vorstellen können! Den Menschen wurde keine Wahl gelassen!"
Die Klasse starrt Sie entgeistert an.
Sie: „Schlimmer noch. Wenn sich vor 100 Jahren ein Zeugendes Frauenkleider anzog, lief es Gefahr dafür ausgelacht oder zusammengeschlagen zu werden. Konnte sich ein Gebärendes durchsetzen wie es damals nur von Männern erwartet wurde, wurde es dafür als herzloses Karrieremonster beschimpft!
Noch vor 200 Jahren wurde ein Zeugendes in Frauenkleidern ins Gefängnis gesteckt. Es gibt Berichte über Gebärende, die vor 500 Jahren als Mann gelebt haben und nach Entdeckung hingerichtet wurden!"
Toni: „Warum waren die Menschen so gemein?"
Sie: „Es gab eigentlich gar keinen Grund. Oft wurde die Religion als Begründung genannt, letztlich war es aber einfach nur so, dass es der Gewohnheit der Mehrheitsgesellschaft widersprach, wenn die Menschen in einem anderen Geschlecht leben wollten als es die Biologie vorzugeben schien!"
Chris; „Und die, die nicht Frau oder Mann sein wollten??"
Sie: „Bis vor 150 Jahren hat es außer Mann und Frau offiziell keine Geschlechter gegeben. Für die, die hier eigentlich nicht reinpassten galt das Gleiche: Sie hatten sich an ihre biologischen "Vorgaben" anzupassen und entweder Frau oder Mann zu sein. Wenn die Biologie unklar war, wurde sie operativ an das angepasst, was sogenannten Fachleuten am zutreffendsten erschien. Daran mussten sich die Menschen dann halten. Hauptsache sie passten in das binäre Schema von Mann oder Frau, gekoppelt an Zeugend oder Gebärend.
Vor ungefähr 100 Jahren war dann bekannt und rechtlich anerkannt, dass es weitere Geschlechter gab. Der größte Teil der Bevölkerung kam damit aber noch nicht klar!"
Sigi: „Meine Oma kannte als Kind eine Frau, die musste sich den Penis abschneiden lassen, weil alle sagten, dass eine Frau keinen Penis haben durfte!"
(Raunen und erschrockene "Oh jeh" Rufe sind zu hören)
Sie: „Der Penis wurde natürlich nicht abgeschnitten, sondern operativ verändert, "umgestülpt". Vom Prinzip her hast du aber Recht. Die Menschen waren der Meinung, dass ein Zeugendes ein Mann sein musste und ein Gebärendes eine Frau. Und das dies unveränderlich zu sein hatte. Wenn in Ausnahmefällen doch mal ein Geschlechtswechsel stattfand wurde solange operativ an den Körpern manipuliert bis ein Zeugendes aussah wie ein Gebärendes oder ein Gebärendes wie ein Zeugendes!"
Lian: „Konnte das Zeugende dann anschließend gebären?"
Sie: „Nein. Die Operationen waren rein kosmetischer Art. Ein komplexes Organ wie eine Gebärmutter lässt sich nicht aus Muskelgewebe und Hautlappen nachbilden!"
Lian: „Konnte das Zeugende denn dann anschließend noch zeugen?
Sie: „Auch das nicht. Bei der Operation wurden die Hoden entfernt. Aber auch ein Gebärendes, das ein Mann werden wollte konnte nicht mehr gebären. Die Eierstöcke und manchmal sogar die Gebärmutter wurden entfernt!"
(Die ganze Klasse starrt Sie entsetzt an)
Sie: „Ich wollte euch nicht erschrecken, aber im Geschichtsunterricht müssen wir uns auch mit Dingen befassen, die aus heutiger Sicht völlig unverständlich sind und vielleicht sogar schrecklich erscheinen. Für die Leute damals war dies aber normal!"
Alex: „Das heißt ich hätte mein Leben lang als Frau leben müssen ohne jemals Mann sein zu dürfen?"
Sie: „Soweit du ein Gebärendes bist, was ich nicht weiß und mich auch nichts angeht: Ja!"
Sigi: (an Alex) „Du als Frau, das kann ich mir garnicht vorstellen!"
Alex: „Oh ja! Im Kindergarten war ich zwei Wochen lang Mädchen, bis ich alle meine Kleider beim Bäumeklettern und Fußballspielen zerrissen hatte. Meine Eltern meinten dann ich sollte es vielleicht einmal als Junge versuchen, was mir bislang ganz gut gefallen hat.
Mika: „In drei Wochen will ich auch mal ein Mädchen sein: Mein großes Geschwisst heiratet und möchte, dass ich Brautjungfer bin. Das Kleid haben wir schon gekauft!"
Jona: „Meine Eltern machen oft Catering für Hochzeiten. Da fahre ich öfter mal mit. Auf den Hochzeiten sind kaum noch Männer zu treffen. Einen Bräutigam habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Irgendwie heiraten nur noch Bräute!"
Sie: „Verständlich. Wer lässt sich schon die Gelegenheit entgehen in einem richtig schicken Hochzeitskleid zu heiraten?
Aber auch die Hochzeit von zwei Bräuten oder zwei Bräutigammen war noch vor 150 Jahren unvorstellbar! Ein Zeugendes musste ein Mann sein und durfte nur ein Gebärendes heiraten, welches eine Frau sein musste! Damit kam die Hälfte der Menscheit nicht für eine Hochzeit oder Partnerschaft in Frage!"
Sigi: „Was sollte das denn?"
Sie: „Die Menschen waren der Meinung, dass ein Ehepaar immer in der Lage sein sollte gemeinsam Kinder zur Welt zu bringen!"
Sigi: „Was hat Heiraten den mit Kinder kriegen zu tun? Meine Eltern sind beide Gebärende. Mein Zeugendes wohnt im Nachbarhaus und kommt uns fast täglich besuchen!"
Jona: (zu Sigi) „Hast du nur zwei Eltern? Ich habe drei!"
Mika: „Ich sogar vier!"
Sie: „Wir wollen uns jetzt nicht gegenseitig mit der Anzahl der Eltern überbieten. Früher dachten die Leute, dass nur diejenigen, die ein Kind gezeugt und geboren hatten Eltern für dieses Kind sein konnten!"
Alex: „Oh Je! Dann müsste mein Gebärendes ja mein Elter sein! Ein Glück, dass die Zeiten vorbei sind. Das würde ich nicht lange ertragen!"
Sie: „Das gebärende Elter wurde "Mutter" genannt, daher der antiqiuerte Ausdruck "Muttersprache". Das zeugende Elter wurde als "Vater" bezeichnet, vielleicht lest ihr in den Geschichtsapps gelegentlich den Ausdruck "Vaterland".
Alex: „Schon merkwürdig wie sehr die Menschen sich früher selber eingeschränkt haben. Un das, obwohl sie hiervon keinerlei Vor- sondern nur Nachteile hatten. Sie müssen doch wohl ziemlich gelitten haben?"
Sie: „Das haben die allermeisten wohl auch, nur niemand hat es zugegeben, deswegen hat sich auch lange nichts geändert!"
(es klingelt zur Pause)
Sie: „Soweit zur Einleitung für das nächste Thema. Ihr könnt euch in der Geschichtsapp Kapitel 131 schon mal einlesen: Pius XV./ Pia I. - ein Kirchenoberhaupt revolutioniert der Genderkosmos."
Was bin ich?- Zunächst einmal bin ich ein Mensch!
Meistens bin ich ein Mann.
Wenn mir danach ist bin ich eine Frau.
Ich muss mich nicht festlegen.
Meistens bin ich ein Mann.
Wenn mir danach ist bin ich eine Frau.
Ich muss mich nicht festlegen.