Sex und Identität - Arte
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Mara
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Sex und Identität - Arte

Post 1 im Thema

Beitrag von Mara »

... Weiß nicht ob der Hinweis schon kam: eine Doku heute um 21.40h auf Arte über Genderforschung. Auch schon auf der Mediathek abrufbar.
LG Mara
https://www.arte.tv/de/videos/089057-00 ... dentitaet/
Jaddy
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Re: Sex und Identität - Arte

Post 2 im Thema

Beitrag von Jaddy »

CW/TW A.Korte kommt auch zu Wort... Sagt "im Prinzip" nichts grundsätzlich falsches, aber verabsolutiert seine Ansicht, hält pauschal alle Kids für "Trender" und verweigert deshalb auch Pubertätsblocker, was nachweislich eine sehr schlechte Idee ist.

Ausserdem ist der Bericht aus französischer Perspektive, wo die Möglichkeiten für trans und_oder nicht-binäre Menschen nicht ganz so weit sind, wie in D.
Mara
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Re: Sex und Identität - Arte

Post 3 im Thema

Beitrag von Mara »

... Danke erst mal für deine Einschätzung...
Schaue es mir mal an.
LG Mara
Vicky_Rose
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Re: Sex und Identität - Arte

Post 4 im Thema

Beitrag von Vicky_Rose »

Jaddy hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 15:17 CW/TW A.Korte kommt auch zu Wort... Sagt "im Prinzip" nichts grundsätzlich falsches, aber verabsolutiert seine Ansicht, hält pauschal alle Kids für "Trender" und verweigert deshalb auch Pubertätsblocker, was nachweislich eine sehr schlechte Idee ist.
An H. Korte kann man sich abarbeiten. Dabei scheint er gar nicht so undifferenziert zu sein. Wenn ich seine Position bedenke, kommt er vor allem mit Menschen in Kontakt, die ziemlich stark von der Thematik betroffen sind. Die vielen Fälle, die das Thema dennoch betrifft, aber nicht bei ihm aufschlagen, haben für ihn nicht die tiefe Bedeutung. Er sagt sinngemäß, dass er sich wünschen würde, dass die Menschen das Geschlecht leben können, ohne medizinische Maßnahmen. Irgendwie logisch, aber er lenkt an dieser Stelle von seinen eigentlichen Aussagen ab.

Den Anstieg aus anderen Ländern, den er sieht, basiert als referenz auf eine Situation vor ca. 10 Jahren. Was er übersieht, ist die aus meiner Sicht wahrscheinliche deutlich schlechtere Situation, in der Menschen früher gelebt haben. Der Anstieg ist also auf die größeren Freiheiten zurück zu führen, die heute herrschen. Dass diese Freiheiten vor allem von jungen Menschen genutzt werden, liegt auf der Hand. Sie wachsen in die größeren Freiheiten hinein. Er sieht aber in Trans eine neue Identifikationsschablone. Zum einen ist genau das, was die größere Freiheit erlaubt und zum anderen ist diese "Schablone" derart vielfältig, dass man schon gar nicht mehr von einer Schablone reden kann. Entscheidend sind mMn die Eltern, die für ihr Kind, die Möglichkeit öffnen sollten, so zu leben, wie es den Kindern gerecht wird, andererseits daraus keine neuen Zwänge entstehen. Die Sicht von H. Korte untergräbt mMn die Eltern an dieser Stelle, da er die mediale Präsenz wg. möglicher Zwänge für bedenklich hält. Aber gerade die mediale Präsez eröffnet doch den Spielraum, den man für sich selber hat. Damit ist H. Korte ist für mich keine Hilfestellung, weder als Eltern noch als Transmensch.

Er behauptet darüber hinaus, dass Trans eine Art Ventil für das leiden der Kinder auf anderen Gebieten sei. Das kann man so sehen, trifft es mMn aber nicht. Das Hauptproblem der Kinder und Jugendlichen in dem Alter ist ja gerade die Umstellung in Richtung des Geschlechts und den sich daraus ergebenden Folgen, wie z.B. die Sexualität. Die Verweigerung von Hormonblockern, die ja eigentlich die Situation zeitlich entzerren und damit entspannen könnten, verschärft die Situation. Die Verknüpfung von Hormonblockern und der Perspektive der medizinischen Angleichungsmaßnahmen ist für mich nicht schüssig und unehrlich. Hormonblocker werden gerade deshalb verschrieben, dass Betroffene sich vor medizinischen Maßnahmen genauer reflektieren können. Damit wären sie eigentlich im Sinne von H. Korte, wenn er medizinische Maßnahmen nur im äußersten Fall befürwortet. Das ist scheinheilig. Deshalb ist mMn seine Argumentation grundsätzlich falsch.

Den Machbarkeitsgedanke, den er anführt, soll glauben machen, dass man medizinische Maßnahmen nur deshalb macht, nur weil es möglich ist. Das wird es immer geben, in jedem Gebiet. Somit ist die Aussage trivial. Nicht trivial ist die Überspitzung. Das ist Demagogie. Er spricht Menschen damit ihr Leid mit dem Geburtsgeschlecht ab. Eltern und Kinder werden dadurch für unmündig erklärt. Die mündigen kommen sowieso nicht zu ihm. Die Ratsuchenden hat er damit in der Gewalt. Und Gewalt ist es in meinen Augen, wenn der medizinisch gebotene Maßnahmen (Hormonblocker) verweigert ...
Viele Grüße
Vicky

Respekt ist nicht teilbar.
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Re: Sex und Identität - Arte

Post 5 im Thema

Beitrag von Anne-Mette »

Moin,

ich will keinesegs eine "Lanze brechen" für Dr. Korte; aber ich gebe zu bedenken, dass der Blick eines "Behandlers" und Begleiters ein anderer ist als der Blick von unbeteiligten ZuschauerInnen aus sicherer Entfernung, die ihre freie Meinung äußern und das auch gerne tun sollen.
Im Gegensatz zu vielen Menschen, die sich zu Wort melden, hat er eine gewisse Verantwortung für sein Handeln.

Bei Erstberatungen junger Menschen und deren Eltern bin ich sehr vorsichtig; denn geschlechtsanpassende Maßnahmen sind eine Lebensentscheidung.

Gruß
Anne-Mette
Jaddy
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Re: Sex und Identität - Arte

Post 6 im Thema

Beitrag von Jaddy »

Wenn er selbst die Verantwortung nicht übernehmen will: Okay. Seine Entscheidung. Also weitgehend und unter Vorbehalt, denn bei Abtreibungen beispielsweise und anderen "heiklen" und ideologiebelasteten Themen kämen wir nicht sehr weit, wenn sich alle möglichen Ärztys aus "Gewissensgründen" aus notwendigen und helfenden Therapien rausziehen. In etlichen Gebieten wären Betroffene dann aufgeschmissen.

Mein Problem mit Korte: Er macht seine "festen Überzeugungen" zur Ideologie und redet sie in jede Kamera. Und das diametral zum Stand der Wissenschaft. Anders gesagt, er erzählt Unfug. Zum Beispiel in den Anhörungen zum Personenstandsrecht im Innenausschuss. Dass er da nicht sauber trennt zwischen irreversiblen medizinischen Maßnahmen und jederzeit beliebig änderbarem Personenstand / Vornamen ist schon bezeichnend.

Der Mensch ist auf einer Mission, die heisst "die jungen Mädchen (denn es geht ihm hauptsächlich um trans Jungs) haben nur Probleme mit ihrer Pubertät. Das wächst sich aus".

Noch ein Kommentar zum "Machbarkeitsgedanken". Bei Kindern und Jugendlichen masse ich mir keine Meinung an. Da hab ich viel zu wenig Ahnung. Aber bei Erwachsenen schon. Und ich bin ein großer Fan von Machbarkeit im Sinne persönlicher Freiheit. Also falls das noch nicht klar war ;) Auch die Freiheit zu Risiken, Fehlentscheidungen, Konsequenzen und nachträglichem Bedauern. That's life. Deshalb sehe ich Personenstandsänderungen sowieso völlig unproblematisch und finde informed consent bei Hormonumstellungen vollkommen ausreichend.
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Re: Sex und Identität - Arte

Post 7 im Thema

Beitrag von MichiWell »

Vicky und Jaddy haben bereits viel geschrieben, und ich kann ihnen nur zustimmen.

Es spräche nichts dagegen, wenn Korte als Behandler eine differenzierte Sichtweise hätte. Dafür hätte ich vollstes Verständnis, und dann könnte man sich seiner Position auch annähern.

Aber so, wie er überall mit seinen eher generalisierten und plakativen Aussagen auftritt .. das ist keine differenzierte Sichtweise, sondern es sind zur Ideologie gewordene "feste Überzeugungen".

:((a
Brauchst Du Hilfe und hast niemanden zum quatschen? Dann schick mir 'ne PN!
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Re: Sex und Identität - Arte

Post 8 im Thema

Beitrag von Helga »

Eine wirklich sehenswerte Dokumentation, die genau das zum Inhalt hat, was wir eigentlich alle wissen: Geschlecht ist nicht nur das, was wir zwischen den Beinen tragen oder durch sonstige körperliche Merkmale nach Außen zeigen. Geschlecht spielt sich auf mehreren Ebenen ab: Körperlich, psychisch, sozial, etc. Es ist auch keineswegs so eindeutig wie der Mainstream dies gerne hätte. Menschen sind nunmal nicht so digital, dass sie sich in 0 oder 1 abbilden ließen. Geschlecht ist ein Spektrum von Rot nach Blau mit sehr viel Violett. Selbst die körperliche Ebene weist trotz eindeutiger Merkmale durchaus Variationen im Detail auf.
Dass sich die Kommentare lediglich an Dr. Korte und den Pubertätsblockern abarbeiten, die hier nur am Rande erwähnt werden, zeugt von dem Stellenwert, den dieses Thema im Forum einnimmt. Pubertätsblocker scheinen der Schlüssel zum Glück zu sein, der den älteren Transmenschen verwehrt bleibt, und den einige Experten auch den Nachfolgegenerationen verwehren wollen. Was lässt sich mit Pubertätsblockern und einer anschließenden medizinisch begleiteten Pubertät unter gegengeschlechtlichen Hormonpräparaten nicht alles umgehen: Bei MzF: Kein Stimmbruch, die Haare bleiben auf dem Kopf und zeigen sich sonst bestenfalls an den Beinen. Die Schultern bleiben schmal, Hände und Füße sowie der ganze Körper eher zierlich. All die Probleme, mit denen sich Transmenschen herumschlagen müssen sind einfach garnicht existent.
Da wir die Diskussion an anderer Stelle kürzlich auch hatten, ziehe ich hier mal ein Zitat rein:
Aria hat geschrieben: Sa 8. Mai 2021, 12:08 Bestes und prominentestes Beispiel dafür ist wohl Kim Petras. Sie ist vom Körperbau nicht von einer biologischen Frau zu unterscheiden - bis auf die angesprochene Beckenpartie eventuell. Aber das sind dann echte Luxusprobleme.
Hallo Aria, ich hoffe es ist ok, dass ich die Zeilen hier reinbringe, die Thematik ist die Gleiche.
Kim Petras ist ein gutes und schlechtes Beispiel in Einem. Sie ist eine wirklich hübsche Frau, die völlig unerkannt leben könnte, wenn sie sich nicht immer wieder selbst outen würde. Auf das Aussehen und die Figur dürfte ein großer Teil der biologisch geborenen Frauen neidisch sein. Un hier liegt der erste Knackpunkt. Eine Pubertät unter Östrogen ist noch kein Garant für ein gutes weibliches Aussehen im Sinne des derzeitigen Schönheitsideals. Sonst müssten ja alle biologischen Frauen Model- Maße haben.
Hätte mir vor ca. 40 Jahren, als mir zu Beginn meiner (männlichen) Pubertät meine Neigung zur Weiblichkeit bewusst wurde, Jemand gesagt: "Nimm diese Pille (oder wie auch immer die Blocker verabreicht werden) und du hast die Chance später wie Kim Petras auszusehen. Nimmst du sie nicht wirst du dich entwickeln wie dein Vater, Onkel Hermann und Onkel Erwin (grobschlächtig, glatzköpfig, fettleibig)!" Keine Frage. Ich hätte die Pille genommen, insbesondere wenn Eltern, Behandler und andere Autoritätspersonen immer wieder versichert hätten, dass dies völlig ok ist.
Aber wäre das mir gegenüber ehrlich gewesen? Meine Mutter, Tante Hilde, Tante Gisela- die Frauen in meiner Familie sind klein, kräftig gebaut und machen einen körperlich etwas plumpen Eindruck. Es wäre wohl eher wahrscheinlich, dass ich mich nach Pubertätsblockern und Östrogen- Pubertät in diese Richtung entwickelt hätte. Meine Schwester sieht mit 50 tatsächlich aus wie Tante Gisela. Hormone sind nicht alles. Vieles ist körperlich und erblich vorveranlagt. Meine Mutter hatte mit Mitte 40 die gleiche Konfektionsgröße wie ich mit Mitte 50. 42/44. Da ich 20cm größer bin, wirkt die Figur deutlich gestreckter. Hilde und Gisela sind noch etwas breiter. Liebe Tanten, die Ihr dies hoffentlich nie lesen werdet: Mit eurer Figur kann ich trotz lebenslänglich Testosteron locker mithalten!
Kim Petras hatte eine sehr gute Ausgangsposition. Laut Internet ist sie 1,68 groß, nach Anschauung würde ich auf Konfektionsgröße 32 oder 34 tippen. Inwieweit bei Oberweite oder sonstigen Details mit operativen Mitteln nachgeholfen wurde, darüber konnte ich nichts finden. Ich stelle mal eine steile These auf, die ich nicht beweise, die mir aber auch niemand widerlegen kann: Sie wäre auch mit männlicher Pubertät eine sehr schöne Frau geworden. Wahrscheinlich wäre sie 1,75 groß und damit an der Untergrenze für eine Modelkarriere, würde Konfektionsgröße 36 oder 38 tragen. Die Stimme wäre sicherlich nicht so kindlich, würde sich mehr im anfrogynen Bereich bewegen und mit etwas Logopädie deutlich weiblich enstellen lassen. Wer das nicht glauben will möge sich nur im Forum umschauen. Hier gibt es einige Mitglieder, die sich fernab der Jugend, teilweise erst im 6. Lebensjahrzehnt für eine Hormontherapie entschieden haben und dennoch ein wunderbares Passing hinlegen. Nicht zu reden von denen, die im Leben kein Hormonpräparat eingenommen haben und trotzdem Bio- Frauen neidisch auf ihr Aussehen machen.
Kim Petras ist ein schlechtes Beispiel, weil die reelle Gefahr besteht, dass sie falsche Anreize und Motivationen weckt. Die Motivation für Pubertätsblocker mit einer 90% Wahrscheinlichkeit der anschließenden Transition sollte nicht sein: Ich möchte so aussehen wie Kim Petras und Karriere im Showbiz machen. Die Motivation sollte sein: Ich komme mit meinem Geburtsgeschlecht nicht zurecht und möchte die körperlichen Merklmale auf ein Minimum reduzieren. Dass der Wechsel in ein anderes Geschlecht soviel Energie und Kreativität freisetzt dürfte auch die absolute Ausnahme sein. Nebenbei habe ich mich durch einige Videos von Kim Petras geklickt: Kennzeichen der Musik und der Videos ist eine sehr starke Überbetonung einer girlihaften Weiblichkeit. Sie legt eine Klischeehaftigkeit an den Tag, wie sie sonst immer nur den Crossdressern vorgeworfen wird. Trotz des absoluten Passings scheint sie noch einiges an "Vergangenheitsbewältigung" betreiben zu müssen.
Im Zusammenhang mit Pubertätsblockern gibt es immer wieder Kommentare wie: "Ich wäre froh wenn meine Eltern mir dies ermöglicht hätten. Was wäre mir alles erspart geblieben!" Das sind konjunktive Tagträume, die auf einer individuellen Lebenserfahrung basieren und sich nicht als Klischee auf andere übertragen lassen. Wer mehrere Jahrzehnte "als Mann" gelebt hat, sollte beurteilen können, ob dies der richtige Lebensentwurf ist, und ob vielleicht ein dauerhafter Wechsel des Geschlecht bessere Lebensqualität bringen könnte. Wer bereits vor Beginn der natürlichen Pubertät in die geschlechtliche Entwicklung eingreift kann dies nicht beurteilen, da ganz einfach die Erfahrungen fehlen.
So wie sich Transfrauen und Crossdresser gelegentlich vorstellen wie es wäre als Frau geboren zu sein, werden sich Frauen, die vor Beginn der männlichen Pubertät in die Transition gegangen sind, irgendwann vorstellen wie es gewesen wäre als Mann gelebt zu haben. Auch wenn in der Jugend das Thema eigene Kinder in der Regel keine oder nur geringe Rolle spielt, werden sie sich im Alter fragen, wie es wäre leibliche Kinder zu haben. Konjunktive Träume. Sie werden es nie erfahren.
Liebe Grüße
Helga
Was bin ich?- Zunächst einmal bin ich ein Mensch!
Meistens bin ich ein Mann.
Wenn mir danach ist bin ich eine Frau.
Ich muss mich nicht festlegen.
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Re: Sex und Identität - Arte

Post 9 im Thema

Beitrag von Helga »

Jaddy hat geschrieben: Sa 24. Apr 2021, 15:17 CW/TW A.Korte kommt auch zu Wort... Sagt "im Prinzip" nichts grundsätzlich falsches, aber verabsolutiert seine Ansicht, hält pauschal alle Kids für "Trender" und verweigert deshalb auch Pubertätsblocker, was nachweislich eine sehr schlechte Idee ist.
Hallo Jaddy,
dein Einsatz für die Pubertätsblocker in allen Ehren, aber du übersiehst hierbei einen grundlegenden Punkt: Pubertätsblocker sind kein Mittel um geschlechtliche Vielfalt zu erreichen. Hinter den Pubertätsblockern steckt die banale Idee, dass ein Individuum nur glücklich werden kann, wenn mensch sich möglichst passgenau in eine der beiden Schubladen des binären Geschlechtssystems einordnen kann. Eine Erfindung von Binären zum Ruhme der Binärität.
Um es überspitzt zu formulieren: Bereits im Kindergarten werden mögliche Abweichler durch geschultes Personal unter Beobachtung gestellt und ggfs. an geeignete Therapeuten weitervermittelt. Durch gezielte Eingriffe in eine fehlgeleitete biologische Entwicklung werden Diskrepanzen in der geschlechtlichen Zuordnung von vornherein unterbunden und gesellschaftlich anstößige Erscheinungen wie übergroße Frauen mit markanten Gesichtszügen, Menschen, die keinem Geschlecht zuzuordnen sind oder auch Männer in Frauenkleidern, für die Zukunft weitestgehend vermieden.
Ich will den Verfechtern ihre gute Absicht, den Betroffenen zu helfen, gar nicht absprechen. Aber letztlich dienen die Pubertätsblocker nicht dem Wohle von Individuen sondern dem Erhalt des überholten klassisch binären Weltbildes.
Das Thema bietet durchaus Stoff für einen düsteren Science- Fiction Film, der hoffentlich nur Fiction bleibt.
Liebe Grüße
Helga
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Re: Sex und Identität - Arte

Post 10 im Thema

Beitrag von Jaddy »

Helga hat geschrieben: Mo 17. Mai 2021, 22:32 Hallo Jaddy,
dein Einsatz für die Pubertätsblocker in allen Ehren, aber du übersiehst hierbei einen grundlegenden Punkt: Pubertätsblocker sind kein Mittel um geschlechtliche Vielfalt zu erreichen. Hinter den Pubertätsblockern steckt die banale Idee, dass ein Individuum nur glücklich werden kann, wenn mensch sich möglichst passgenau in eine der beiden Schubladen des binären Geschlechtssystems einordnen kann. Eine Erfindung von Binären zum Ruhme der Binärität.
Da reden wir vielleicht von unterschiedlichen Dingen. Die typische Situation für diese Blocker ist ein Kind, das deutlich eine Unzufriedenheit mit dem zugewiesenen Geschlecht _und_ dem eigenen Körper äussert und bei dem langsam die körperliche Pubertät einsetzt. Das heisst, dass sich genau dieser ungeliebte Körper ziemlich unwiederbringlich in eine noch falschere Form entwickelt.
Die Panik und Verzweiflung in der Lage ist häufig überwältigend bis hin zur Suizidgefahr.
Die Blocker dienen zu nichts anderem, als die körperliche (aus Sicht des Kindes: Fehl)entwicklung aufzuhalten und der Seele Ruhe zu geben, um sich mit etwas Abstand bewusster (und reifer) entscheiden zu können.
Zeit verschaffen, Panik lindern, Reife ermöglichen.
Werden sie abgesetzt, geht der natürliche Prozess weiter.
Und wenn es stattdessen eine körperliche Transition sein soll, dann ist das eben so.
Es könnte aber auch jede andere Lösung sein. Binär, nicht-binär, wie auch immer.
Das liegt dann aber in der Entscheidungsfreiheit des betroffenen - inzwischen - jugendlichen, also fast erwachsenen Menschen.

Geschlechtliche Vielfalt quasi aus politischen Erwägungen zu erzwingen, so hab ich das bei dir verstanden, indem sich mutmassliche trans Kinder erst mal durch eine ungewollte Pubertät leiden müssen und nachher umso mehr mehr Probleme bei eventuellen Angleichungen haben, ist aus meiner Sicht genau so falsch und grausam, wie sie a'la Korte pauschal als sozial verwirrt zu klassifizieren und "mit ihrem Körper und der Rolle versöhnen" zu wollen.
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Re: Sex und Identität - Arte

Post 11 im Thema

Beitrag von ChristinaF »

Ich stelle mir das für all die Betroffenen wirklich schlimm vor. Da ist bspw. ein kleiner Junge um die 12 Jahre, der sieht und spürt, dass er eigentlich ein Mädchen sei. Und nun muss dieses Wesen bis zum 18. Geburtstag diese Pubertätsblocker einnehmen? Oder gibts heute schon eine Möglichkeit, trotz noch nicht Volljährigkeit, eine HRT zu beginnen? Bislang war ich der Meinung, dass bis zur Volljährigkeit die Eltern entscheiden was passiert.
LG Christina
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Re: Sex und Identität - Arte

Post 12 im Thema

Beitrag von Jaddy »

ChristinaF hat geschrieben: Di 18. Mai 2021, 10:14 Ich stelle mir das für all die Betroffenen wirklich schlimm vor. Da ist bspw. ein kleiner Junge um die 12 Jahre, der sieht und spürt, dass er eigentlich ein Mädchen sei. Und nun muss dieses Wesen bis zum 18. Geburtstag diese Pubertätsblocker einnehmen? Oder gibts heute schon eine Möglichkeit, trotz noch nicht Volljährigkeit, eine HRT zu beginnen? Bislang war ich der Meinung, dass bis zur Volljährigkeit die Eltern entscheiden was passiert.
LG Christina
Die aktuelle medizinische Leitlinie sagt dazu
Die Leitlinie richtet sich an Ärzt_innen und Psychotherapeut_innen, die (erwachsenenen) trans Menschen8 sowohl psychosoziale und bei Bedarf und Indikation psychotherapeutische Hilfe anbieten als auch die Empfehlung für medizinisch notwendige Behandlungen zur Veränderung der körperlichen Geschlechtsmerkmale stellen.
und
Für Kinder und Jugendliche (< 18) mit GIK/GD ist gegenwärtig ein eigenständiges Leitlinienvorhaben bei der AWMF angemeldet (Registernummer 028 — 014). Für die Varianten der Geschlechtsentwicklung liegt bereits eine eigenständige AWMF-Leitlinie vor (Registernummer 174 — 001). Auf sie wird verwiesen, wenn es sich um medizinische Fragestellungen aus dem Bereich Intergeschlechtlichkeit, Intersexualität oder kurz Inter handelt.
Dieses Vorhaben soll am 31.3.2022 beendet sein.

Ob die Eltern einer HET zustimmen können weiss ich nicht.
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Re: Sex und Identität - Arte

Post 13 im Thema

Beitrag von Aria »

Helga hat geschrieben: Mo 17. Mai 2021, 22:01 Kim Petras ist ein gutes und schlechtes Beispiel in Einem. Sie ist eine wirklich hübsche Frau, die völlig unerkannt leben könnte, wenn sie sich nicht immer wieder selbst outen würde. Auf das Aussehen und die Figur dürfte ein großer Teil der biologisch geborenen Frauen neidisch sein. Un hier liegt der erste Knackpunkt. Eine Pubertät unter Östrogen ist noch kein Garant für ein gutes weibliches Aussehen im Sinne des derzeitigen Schönheitsideals. Sonst müssten ja alle biologischen Frauen Model- Maße haben.
Hätte mir vor ca. 40 Jahren, als mir zu Beginn meiner (männlichen) Pubertät meine Neigung zur Weiblichkeit bewusst wurde, Jemand gesagt: "Nimm diese Pille (oder wie auch immer die Blocker verabreicht werden) und du hast die Chance später wie Kim Petras auszusehen. Nimmst du sie nicht wirst du dich entwickeln wie dein Vater, Onkel Hermann und Onkel Erwin (grobschlächtig, glatzköpfig, fettleibig)!" Keine Frage. Ich hätte die Pille genommen, insbesondere wenn Eltern, Behandler und andere Autoritätspersonen immer wieder versichert hätten, dass dies völlig ok ist.
Aber wäre das mir gegenüber ehrlich gewesen? Meine Mutter, Tante Hilde, Tante Gisela- die Frauen in meiner Familie sind klein, kräftig gebaut und machen einen körperlich etwas plumpen Eindruck. Es wäre wohl eher wahrscheinlich, dass ich mich nach Pubertätsblockern und Östrogen- Pubertät in diese Richtung entwickelt hätte. Meine Schwester sieht mit 50 tatsächlich aus wie Tante Gisela. Hormone sind nicht alles. Vieles ist körperlich und erblich vorveranlagt. Meine Mutter hatte mit Mitte 40 die gleiche Konfektionsgröße wie ich mit Mitte 50. 42/44. Da ich 20cm größer bin, wirkt die Figur deutlich gestreckter. Hilde und Gisela sind noch etwas breiter. Liebe Tanten, die Ihr dies hoffentlich nie lesen werdet: Mit eurer Figur kann ich trotz lebenslänglich Testosteron locker mithalten!
Kim Petras hatte eine sehr gute Ausgangsposition. Laut Internet ist sie 1,68 groß, nach Anschauung würde ich auf Konfektionsgröße 32 oder 34 tippen. Inwieweit bei Oberweite oder sonstigen Details mit operativen Mitteln nachgeholfen wurde, darüber konnte ich nichts finden. Ich stelle mal eine steile These auf, die ich nicht beweise, die mir aber auch niemand widerlegen kann: Sie wäre auch mit männlicher Pubertät eine sehr schöne Frau geworden. Wahrscheinlich wäre sie 1,75 groß und damit an der Untergrenze für eine Modelkarriere, würde Konfektionsgröße 36 oder 38 tragen. Die Stimme wäre sicherlich nicht so kindlich, würde sich mehr im anfrogynen Bereich bewegen und mit etwas Logopädie deutlich weiblich enstellen lassen. Wer das nicht glauben will möge sich nur im Forum umschauen. Hier gibt es einige Mitglieder, die sich fernab der Jugend, teilweise erst im 6. Lebensjahrzehnt für eine Hormontherapie entschieden haben und dennoch ein wunderbares Passing hinlegen. Nicht zu reden von denen, die im Leben kein Hormonpräparat eingenommen haben und trotzdem Bio- Frauen neidisch auf ihr Aussehen machen.
Kim Petras ist ein schlechtes Beispiel, weil die reelle Gefahr besteht, dass sie falsche Anreize und Motivationen weckt. Die Motivation für Pubertätsblocker mit einer 90% Wahrscheinlichkeit der anschließenden Transition sollte nicht sein: Ich möchte so aussehen wie Kim Petras und Karriere im Showbiz machen. Die Motivation sollte sein: Ich komme mit meinem Geburtsgeschlecht nicht zurecht und möchte die körperlichen Merklmale auf ein Minimum reduzieren. Dass der Wechsel in ein anderes Geschlecht soviel Energie und Kreativität freisetzt dürfte auch die absolute Ausnahme sein. Nebenbei habe ich mich durch einige Videos von Kim Petras geklickt: Kennzeichen der Musik und der Videos ist eine sehr starke Überbetonung einer girlihaften Weiblichkeit. Sie legt eine Klischeehaftigkeit an den Tag, wie sie sonst immer nur den Crossdressern vorgeworfen wird. Trotz des absoluten Passings scheint sie noch einiges an "Vergangenheitsbewältigung" betreiben zu müssen.
Im Zusammenhang mit Pubertätsblockern gibt es immer wieder Kommentare wie: "Ich wäre froh wenn meine Eltern mir dies ermöglicht hätten. Was wäre mir alles erspart geblieben!" Das sind konjunktive Tagträume, die auf einer individuellen Lebenserfahrung basieren und sich nicht als Klischee auf andere übertragen lassen. Wer mehrere Jahrzehnte "als Mann" gelebt hat, sollte beurteilen können, ob dies der richtige Lebensentwurf ist, und ob vielleicht ein dauerhafter Wechsel des Geschlecht bessere Lebensqualität bringen könnte. Wer bereits vor Beginn der natürlichen Pubertät in die geschlechtliche Entwicklung eingreift kann dies nicht beurteilen, da ganz einfach die Erfahrungen fehlen.
So wie sich Transfrauen und Crossdresser gelegentlich vorstellen wie es wäre als Frau geboren zu sein, werden sich Frauen, die vor Beginn der männlichen Pubertät in die Transition gegangen sind, irgendwann vorstellen wie es gewesen wäre als Mann gelebt zu haben. Auch wenn in der Jugend das Thema eigene Kinder in der Regel keine oder nur geringe Rolle spielt, werden sie sich im Alter fragen, wie es wäre leibliche Kinder zu haben. Konjunktive Träume. Sie werden es nie erfahren.
Puuhh Helga, wo fange ich am besten an auf deinen ausführlichen Text zu antworten....?!?!

In meinen Augen betrachtest du das sehr rational und nur auf der Ebene der Äusserlichkeiten. Doch ich kann dir sagen, dass es einer transsexuellen Person niemals in erster Linie darum geht. Es geht ihr um das eigene Wohlbefinden endlich eins mit sich zu sein. Ganz am Anfang merkt man nämlich einfach nur, dass da etwas nicht stimmt. Manche können es erst nicht deuten, andere wissen es schon ziemlich genau. Die Äusserlichkeiten sind zweitrangig, spielen aber alleine aus dem Grund eine Rolle, weil man ja irgendwann für sich weiss, was biologisch schief gelaufen ist. Das ist dann der Punkt, wo man spätestens anfängt biologische Frauen zu neiden - und zwar alle, nicht nur die Models. Das man natürlich auf ein Ideal aus ist liegt in der Natur der Sache, geht ja jedem Menschen so.

Und genau in dieser Präferenz der Motivation liegt der Unterschied von CD/TV zu TS. Während erstere so nahe wie möglich ihrem Ideal von Frau nahe kommen wollen, wollen TS so nahe wie möglich ihrer fraulichen Identität nahe kommen. Ich erzähle dazu mal etwas von mir, weil es mir dadurch immer am besten gelingt zu verdeutlichen was ich meine. Wie du ja vielleicht weisst, liegt meine Vergangenheit auch bei CD/TV. Lange Jahre habe ich damit zugebracht das nachzuahmen was in meiner Vorstellung die perfekte Frau ist. Die typischen sehr weiblich Kleidungsstücke waren dafür obligatorisch. Doch irgendwann setzte eine Veränderung ein. Ich fühlte mich so gedressed einfach nicht mehr richtig - es war falsch. Das war nicht ich. Ich fühlte mich damit einfach nur leer obwohl es mir so viele Jahre doch immer was gegeben hat - nicht den Spass den viele hier beschreiben aber doch mehr. Das war der Punkt wo meine weibliche Identität durchbrach. Ich kaufte nur noch Kleidung die mir gefielen weil sie meine Identität widerspiegelten und nicht meinem Ideal von Frau.

Und genau mit dem entdecken dieser weiblichen Identität fängt dann das ganze Drama an. Dieses Kopfkino das einfach nicht aufhören will und dich unentwegt fragt warum du plötzlich nur noch daran denken musst ob alles richtig so im Leben ist oder du nur einem lebenslangen Fake aufgesessen bist. Das schlimme ist, dass du - ich zumindest - es nicht deuten kannst. Du rennst wie im Hamsterrad und ein Leben fühlt sich unendlich schwer an, weil du dich 24/7 nur noch damit beschäftigst. Irgendwann kannst du nicht mehr und musst dir Hilfe suchen oder du gehst drauf. Wenn dich die Hilfe dann derart unterstützt endlich klar zu sehen - denn du befindest dich in einem Zustand wo du zwar fühlst was richtig ist es aber nicht begreifen kannst - ist es wie eine Offenbarung. Einerseits tut das dann unendlich gut zu wissen woran man ist, andererseits kommt dann eins zum anderen. Bei mir fing das damit an, dass ich meinen Bart gehasst habe. Am Bürotisch mit der Hand den Kopf stützen ging nur noch ohne meinen Bart zu berühren. Ein Gefühl von Ekel, ich kann das gar nicht beschreiben.

Das ist der Punkt, wo ich den Bogen zu Trans-Kids spannen möchte. Nach meinen geschilderten Erlebnissen ist es für dich also zumutbar, dass die Kids genau so etwas erleben müssen. Die sollen die männliche/weibliche Pubertät mitmachen und all diese Gefühle ertragen, denn sie können ja auch von dem profitieren was die männliche Entwicklung für sie bereithält wie zB eine Grösse die sich besser zum modeln eignet oder die Möglichkeit Kinder zu zeugen. Dazu kann ich dir nur sagen, die schei**en auf sowas! Wenn, dann wollen die Kinder haben auf die Art wie es sich für ihr Gender gehört. Hätte ich nicht schon welche, wäre das ein Punkt, der mir psychisch das Genick brechen würde. Selbst das Leid der Periode würde ich annehmen, wenn es doch nur richtig für mich gelaufen wäre. Das kannst du keiner Frau erzählen aber so ist es.

Nach all dem was ich dir nur berichtet habe, erkennst du vielleicht was die wahre Motivation von TS ist ihrem eigentlich Geschlecht zu entsprechen. Und genau daran setzt meiner Meinung nach die Arbeit des Psychologen an. Es liegt an ihm/ihr die Unterschiede in der Motivation zu erkennen. Berichtet der Klient nur davon was er sich alles vorstellt oder wie er empfindet? Was sind seine Informationsquellen - sein Empfinden oder reddit, youtube & co? Ist es eine Phase oder lässt sich das lange zurückverfolgen? Wie stark ist der persönliche Leidensdruck ausgeprägt und an was lässt der sich manifestieren?

Abschliessend noch etwas zu Kim Petras. Dass es bei ihr so gekommen ist wie es ist, liegt viel an ihrer Entwicklung. Du hast recht, dass es kein Garant dafür ist wie man später aussieht aber vieles hängt auch vom eigenen Wohlbefinden ab. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sie ohne die Blocker und ohne die Hilfe eines guten Psychologen sowie offenem Elternhaus für sie ganz anders gekommen wäre. Ja, sie wäre vielleicht 175 oder 180 cm aber vielleicht auch 120 kg schwer, depressiv und würde sich allgemein gehen lassen. Dass sie nun so ausschaut wie sie es tut, liegt einerseits an der hormonellen Einstellung, ihrer genetischen Grundlagen aber auch viel an ihrem persönlichen Wohlbefinden. Die Figur die sie hat, hat sie mMn, weil sie auf ihren Körper achten möchte und bestimmt einiges dafür tut. Ihr Auftreten ist ihr Markenzeichen und ihre Stimme gefällt ihr bestimmt 100x besser als jede androgyne Stimme die sie hätte haben können. Dennoch wird es auch für sie Dinge geben, die sie immer wieder an ihre Vergangenheit schmerzlich erinnern. Das geht jeder von uns so. Doch wir sind uns selbst viel mehr wert und das ist in erster Linie das wichtigste. Wenn ich nämlich daran denke, wie schrecklich ich meinen Körper all die Jahre davor behandelt habe, muss ich dem eigentlich dankbar sein, dass der mich so lange ertragen hat. Mein Leben ist nun geprägt von Achtsamkeit meinem Körper gegenüber und das spiegelt sich in meinem Äusseren und den Mensch die mich umgeben wider. Niemals hätte ich mir vorher ein zufriedeneres Leben vorstellen können- trotz der Dinge die sich eben nicht ändern lassen. Und ich finde, dass man das keinem Trans-Kid verwähren sollte, denn das ist das Grundrecht eines jeden Menschen.
¡no lamento nada!
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