Marielle hat geschrieben: ↑Do 14. Sep 2017, 10:18
Was hält dich eigentlich davon ab, dich um ein Mandat zu bemühen oder eine Partei oder eine Bürgerinitiative zu gründen?
Das kann ich dir sagen: Wie viele andere in diesem Land auch, bin ich im Kampf ums (finanzielle) Überleben gefangen. Vor diesem Hintergrund birgt eine eigenständige politische Betätigung immer das hohe Risiko des Absturzes bis ganz nach unten. Und ich sage dir, das ist gewollt, sonst würde man etwas gegen die immer stärkere Umverteilung von unten nach oben unternehmen, und nicht zulassen, dass immer mehr Menschen immer ärmer werden.
Es gab direkt nach der Wende/Wiedervereinigung einen politischen Witz, der das Dilemma aufzeigt: "Früher (in der DDR) konntest du zu deinem Betriebsdirektor Arschloch sagen, aber nicht zu deinem Parteisekretär. Heute ist es umgekehrt." Das zeigt, wer die Macht über mich hat. Und wo ich damals im Stasi-Knast gelandet bin, verrotte ich heute in der Gosse.
Marielle hat geschrieben: ↑Do 14. Sep 2017, 10:18
Direkte Demokratie: JA! Aber bitte nicht in der Form verkürzter Ja/Nein-Entscheidungen auf der Informationsbasis von Facebookkampagnen,
Ist das wirklich so?! Was sagen unsere Schweizer Mädels dazu?
Appropos "Facebookkampagnen": Unsere Politiker selbst arbeiten mit Methoden auf Facebook-Niveau!
Letztes Jahr ist bei uns ein minderjähriger Flüchtling, der nachweislich massive psychische Probleme hatte, aus dem Fenster in den Tod gesprungen. Er war nur wenige Stunden vor dem Sprung zum wiederholten Male aus stationärer psychatrischer Behandlung entlassen worden, offenbar in völliger Fehleinschätzung seines Zustandes!
Die Politiker auf Landes- und Bundesebene hatten nichts Eiligeres und Wichtigeres zu tun, als wieder ihre Propaganda vom pösen ausländerfeindlichen Osten zu verbreiten.
Angeblich sollten die Leute "Spring doch" gerufen haben.
Ich habe eine vertrauenswürdige Bekannte, die zur fraglichen Zeit dort vorbei gegangen ist, und nichts von dem mitbekommen hat, was in der Presse und von den Politiker verbreitet wurde, und auch eine mehrwöchige Untersuchung der Polizei brachte keine Belege dafür. Am Ende war es wohl nur die wichtigtuerische Falschbehauptung einer Betreuerin, die das auch nicht selbst gehört hatte, sondern es hätte ihr jemand erzählt, der von einem anderen gehört hätte, das jemand sowas in der Art gerufen hätte.
Das erfüllt ganz klar den Tatbestand von Fake News, und diese wurden sogar in einer Folge der Lindenstraße verbreitet, die sich selbst dafür rühmt, stehts das aktuelle Zeitgeschehen einzubeziehen, und versucht Vorurteile in der Gesellschaft abzubauen. (Zu der Zeit war gerade Transsexualität in der Lindenstarße angekommen, weswegen ich diese geschaut hatte.)
Eine Kontaktaufnahme meinerseits, verbunden mit konkteten Hinweisen und Bezug auf die Ermittlungen der Polizei auf die bewusste Falschmeldung wurde mit üblichen Bla-Bla-Standard-Worten quittiert. Eine Richtigstellung erfolgte nicht, dabei wäre der Abbau von Vorurteilen wichtig. Dabei hätte man an diesem konkreten Beispiel sehr gut die aktuellen Probleme der "Informationbildung" sowie "Meinung- und Stimmungsmache" verarbeiten können.
Marielle hat geschrieben: ↑Do 14. Sep 2017, 10:18
sondern z.B. in Form von Bürger_innenforen, die in kleinsten regionalen Einheiten (Stadtteile, Gemeinden oder sogar Strassenzüge) beginnen und sich dann über Städte, Kreise, Länder bis zum Bund aufbauen und über Information und Diskussion zu einer Meinungsbildung kommen und beratender oder gar (mit-)entscheidender Teil der Legislative sein könnten.
Das ist doch kein "Entweder - Oder", es geht sehr wohl beides. Auch ich habe mich bereits engagiert, im Bereich Bildung. Und da habe ich genau das erlebt, was ich immer wieder beobachte: Es interessiert "da oben" niemanden, was unten passiert. Man lässt die Leute auf den unteren Ebenen irgendwas machen, damit sie beschäftigt sind, aber am Ende wird doch von oben herab, und ohne spürbaren Zusammenhang mit der Arbeit an der Basis entschieden. Oder anders herum: Wenn du das Gefühl haben willst, dass die Politiker deine Interessen vertreten, musst du dir deren Interessen zueigen machen, ihnen nach dem Maul reden. Aber das kann's doch nicht sein.
Marielle hat geschrieben: ↑Do 14. Sep 2017, 10:18
Damit würde man auch ein Paradox deiner Position umgehen. Du sprichst Menschen (in dem trans*-Thread) erst die Fähigkeit zur vernünftigen Bestimmung über sich selbst ab, um ein paar Tage später zu fordern, dass die gleichen Menschen noch viel mehr über das Wohl und Wehe der ganzen Gesellschaft entscheiden sollten. Das geht für mich nicht zusammen. Aus meiner Sicht sollen sie über sich selbst bestimmen, wie sie wollen. Aber Entscheidungen für die Gesellschaft sollten doch besser auf einem diskursiven Meinungsbildungsprozess beruhen.
Das Paradox ist nur ein Scheinbares. Während im Trans*-Thread ob der Begleitung und Betreuung eine angebliche Fremdbestimmung behauptet und so getan wird, als dürften Transsexuelle überhaupt nicht frei entscheiden, sehe ich diese Fremdbestimmung in der Gesellschaft tatsächlich als gegeben. Es steht mir zwar im Prinzip frei, alles zu sagen, was ich will. Aber es bewirkt nichts, denn entscheiden tun immer andere, die meine Meinung Null-Komma-Garnichts interessiert.
Liebe Grüße
Michi