Wally hat geschrieben: ↑Sa 20. Feb 2021, 00:10
Jaddy hat geschrieben: ↑Fr 19. Feb 2021, 21:23
(Eliminierung des Maskulinums und Femininums aus dem Sprachgebrauch - alles nur noch Neutrum)
Das wäre tatsächlich eine sehr gute Lösung. Also eine neutrale Form, die überhaupt keinen Genderbezug hat.
Du wärst damit tatsächlich zufrieden? Das erstaunt mich nun wiederum
Mich nicht
Klar klingt manches erst mal gewöhnungsbedürftig, egal welche Endung verwendet wird. In mehreren meiner Kreise wird aktuell y/ys probiert und daran gewöhnt sich ein tatsächlich ziemlich schnell. Meinem Ehewesen und mir fällt jetzt schon auf, wenn irgendwo _nicht_ neutral oder inklusiv gesprochen wird. Umgekehrt aber auch, wenn neutral oder inklusiv gesprochen wird, wo wir es nicht erwarten. Heute Abend zum Beispiel durchgehend in mehreren ZDF-Sendungen hintereinander zu rein wissenschaftlichen und politischen Themen, die mit Gender nichts zu tun hatten. Jeder Menge Partizipien und Glottisschläge
Dir ist aber vermutlich klar, dass diese Formen ohne Genderbezug eigentlich verwendet werden sollen, wenn
• das Geschlecht einer Person unbekannt ist,
• nichts zur Sache tut,
• bewusst offen gelassen werden soll,
• inklusiv (alle und ohne Gender) gemeint ist,
• oder die Person nicht-binär ist (wie ich)
Dr. Merkel kann also Bundeskanzlerin bleiben, wenn sie mag, aber für das Amt an sich oder wenn von mehreren Personen dieses Amtes die Rede ist, wird die ungegenderte Form verwendet. Du kannst also weiterhin ruhig von Bäcker Heinz sprechen, oder Bäckerin Heike gehen, sofern die beiden mit der Genderung einverstanden sind. Der Beruf an sich aber hätte eine ungegenderte Bezeichnung, ebenso eine Gruppe unbekannter, irrelevanter oder multipler Genderverteilung. Jede Person kann für sich entscheiden, welche Anrede passend ist. Es wird also nicht weggenommen, sondern tatsächlich präzisiert. Wenn von einer Person in der männlichen Form geredet wird ist sicher, dass diese Person sich männlich verortet. Ist das nicht bekannt oder explizit nicht-binär, gibt es zukünftig die Möglichkeit, das auch auszudrücken.
Mehrfache und neutrale Bezeichnungen gibt es in der deutschen Sprache schon seit Jahrhunderten. Das Pferd (ungegendert, Sammelbezeichnung), die Stute, der Hengst und der (seltsam

) Wallach, das Fohlen. Rind, Kuh, Bulle, Ochse, Kalb. Und all diese Wörter sind nicht mal regelmässig oder herleitbar.
Das Wort Elternteil hat sich längst eingebürgert, wenn unerheblich ist, ob es um Mutter oder Vater geht oder potenziell beide gemeint sind (oder es keine genderbinären und_oder keine Hetero-Eltern sind).
Und gegen die völlig willkürliche grammatikalische Genderung von Gegenständen wie Äpfel, Bäume, Möbel oder so hat auch wohl kaum ein Mensch was.
Es geht um Menschen, bei denen aktuell über die andauernde Genderung alle Genderstereotypen aufgerufen werden. Es macht einen Unterschied, ob ich in einer Geschichte das Wort Autofahrerin oder Autofahrer benutze. Egal wie werden Klischees von antiken "Der 7. Sinn" Sendungen über Bild-Zeitung bis Mario Barth aktiviert.
Es geht darum, dass unsere Sprache mangelhaft ist, denn wir _müssen_ wegen der beschränkten Grammatik ständig Personen vergeschlechtlichen. Egal ob das angebracht, sinnvoll, gewünscht, geschweige denn korrekt ist. Damit werden überkommene Zuschreibungen immer wieder erneuert, jede Person ständig sortiert, segregiert, stereotypisch markiert und das beeinträchtigt auch alle Gleichstellungsbemühungen.
Deshalb braucht es neutrale, all-inklusive Formen. Welche das letztlich werden ist egal. Da werden wir uns dran gewöhnen wie an "googlen", "Smartphone", "burn-out", "Klimakrise" und "Inzidenz". Wörter, die es vor 20 Jahren noch gar nicht gab. Und mit der Gewöhnung klingen sie dann auch nicht mehr seltsam.